Autorin bei der Huffington Post Deutschland? Na klar, find ich super, dachte ich noch im September, denn ich arbeite nicht „umsonst“, aber sehr wohl kostenlos, wenn ich a) mir etwas davon verspreche und/oder b) ein Projekt interessant oder unterstützenswert finde. Genauer: Ich mache das, wozu ich Lust habe, vor allem, wenn es um meine Schreiberei geht. Auch die relativ massiven Diskussionen um das „Umsonstmodell“ der HuffPo und diverse unschöne Anfeindungen unter Bloggerkollegen ab und an lassen mich an diesem Standpunkt nicht zweifeln.

Gratismentalität und der Unterschied zwischen ‚umsonst‘ und ‚kostenlos‘

Ich nehme anderen, die darauf angewiesen sind, die Arbeitsplätze weg? Dann werdet besser, gefragter. Immerhin habt Ihr mehr Zeit dafür, ich hingegen sitze ein Drittel meiner Lebenszeit im Büro meines anderen Lebens.
Die „Gratismentalität“ heutzutage sei so schlimm? Wenn wir davon sprechen, dass ich meine Nachbarin frage, ob sie mal eben kostenlos bei mir putzen mag, das ist Gratismentalität. Wir reden hier jedoch über Blogs, ursprünglich gemeint zur freien, unabhängigen Meinungsäußerung. Ich selbst startete meinen Blog, um Menschen an meinen Reisen teilhaben zu lassen und (Gratis-)Tipps und Geschichten zu erzählen. Die BloggemBerlin, eine Fotografie-Gemeinschaft aus Berliner Bloggern, habe ich nicht gegründet, um von Anfängern dafür Kohle zu kassieren, dass ich ihnen das AV-Programm an ihrer DSLR zeige, sondern damit wir kostenlos miteinander lernen können. Wissen teilen, das möchte ich, und zwar nicht aus der Geldgeilheitsmentalität der heutigen Zeit heraus sondern aus meinem Ideal des Gebens und Nehmens in einer Gemeinschaft, das allen zu Gute kommt und in der heutigen Zeit leider in den meisten Köpfen an Wert verloren hat.

Journalisten versus Blogger

Journalisten sollen immer bezahlt werden? Das Journalistengetue einiger Blogger, die sich bei blogspot oder wordpress kostenlos ein vorgegebenes Theme ausgesucht haben und ihre mentalen Ergüsse in die digitale Welt bringen, geht mir, das merkt man wohl, gehörig auf den Senkel. Wirklich schlimm ist an der Sache, dass sich heutzutage jeder als Journalist bezeichnet, der die noch so schlechtesten Blogposts auf einem noch so schlecht gemachten Blogdesign herausposaunt, ohne sich einen Deut um Rechtschreibung oder vernünftig recherchierten Content zu kümmern. Blöd: Diejenigen, die sich jetzt eventuell angesprochen fühlen, meine ich mit ziemlicher Sicherheit gar nicht.

Ganze Verlage, auch gute Verlage, haben nicht mehr das Geld, ihre Autoren zu bezahlen. Der geschätzte Christoph Links-Verlag bezahlt seine Autoren mit Belegexemplaren und schafft es so, wissenschaftlich wertvollen Content in Bücherform zu bringen. Ja, auch so etwas funktioniert kostenlos. Dass das nicht wünschenswert ist, ist klar. Aber an der Realität vorbei sich aufzuregen ist ein klein wenig verlogen, denn wir haben uns dieses System nunmal selbst geschaffen.

Ich achte dennoch auf bestimmte Grenzen, natürlich, auch wenn es sowieso wahnsinnig unrealistisch ist, dass ich Leuten „den Job wegnehme“. Stundenlang Gehirnschmalz in Artikel investieren, die mich nicht sofort irgendwo hinbringen und für die ein anderer Journalist seinen Unterhalt verdienen würde? Eher nicht.
Und letztendlich: Natürlich habe ich auch eine Vorstellung, dass mir eine Autorenschaft bei der HuffPo langfristig nicht nur einige Leser für meinen Blog sondern auch andere Vorteile bringen könnte. Ich habe genug Fahrbahnschleifen in meinem Leben hingelegt um zu wissen, dass sich so mancher Einsatz erst nach vielen Jahren „auszahlt“.

Meine Vereinbarung mit der HuffPo

Meine Beiträge für die HuffPo sollten jeweils kurze Fundstücke meiner Reisen sein, ein Foto mit einer kurzen, auf 2-3 Sätze eingedampften Story. Zum Appetitmachen, ca. ein Foto pro Woche, Erscheinungstermin jeweils Donnerstag. Im E-Mail-Verkehr mit dem Redakteur wurde mir versichert: „Klar kannst du auch die Beiträge in leicht abgeänderter Form für deinen Blog nutzen. Bildrechte und Urheberrecht bleiben immer bei dir, du erlaubst uns nur die Nutzung.“

Ich reichte also gleich 6 Beiträge ein, für die ich gesamt nicht länger als eine halbe Stunde Arbeit einsetzte, weil sie sehr kurz und teilweise bereits auf meinem Blog verwurstelt waren.

Mein Vorschlag sollte in etwa so wie im Bild oben aussehen.

 „Ruhm und Ehre“? Eher Spott und Häme, würde ich meinen

Als die HuffPo letzten Donnerstag freigeschaltet wurde, schwankte ich zwischen starrem Erstaunen und Entsetzen: Der amerikanische Look fast 1:1 übernommen, grauslig, schlimmer als die BILD, ohweia, mit Kategorien wie „Good“, unter denen ich mir beim besten Willen auch heute noch nichts vorstellen kann.
Betend, ich würde nicht in die Kategorie „Lifestyle“ gesteckt werden, wartete ich – tagelang. Keine Rückmeldung vom Redakteur, keine Infos, sowieso kaum Inhalte auf der Seite. Sie seien in Verzug, tönte es irgendwann auf der Facebook-Seite, jetzt würden Leute angestellt, um die Beiträge abarbeiten zu können.
Als dann Vorgestern „mein Beitrag“ erschien, traf mich endgültig der Schlag: Meine E-Mail an den Redakteur war 1:1 ins CMS geklatscht worden, alle Beiträge auf einmal, und das mit einem System, was offensichtlich nicht – wie sag ichs – optimal eingestellt ist: Meine Fotos wurden auf die unmöglichste Art und Weise beschnitten und in verschiedenen Formaten veröffentlicht. Überschriften waren nur noch blanker Text und schwirrten in Anführungszeichen zwischen den Zeilen, die redaktionellen Anweisungen „(Foto xy, Beschriftung: ABC)“ waren nicht entfernt worden.

Ich versank im Boden: Ruhm und Ehre? Eher Spott und Häme, würde ich meinen, mein Auftritt der blanke Hohn, schlimmer, als eine von einem pickligen Teenager zusammengestückelte HTML-Seite.

Dass mein Blog ebenfalls nicht wie versprochen verlinkt wurde, war dann auch nicht weiter überraschend.

Komplette Änderung der Nutzungsrechte

Naiv hatte ich angenommen, dass so eine lockere Absprache ohne Vertragsunterschrift für das lockere Konzept der HuffPo spräche.
Mittlerweile habe ich die Nutzungsbedingungen auf der Seite der HuffPo gelesen. Um das noch einmal klarzustellen: Ich habe diese Nutzungsbedingungen vor dem 10.10. nicht lesen können, sondern mit dem Redakteur vereinbart, dass Bild- und Urheberrechte bei mir verbleiben. In den Nutzungsbedingungen liest sich das jetzt allerdings so:

(…) Unsere Webseite (…) ist durch das Urheberrecht als Gemeinschaftswerk oder Zusammenstellung gemäß der Copyright-Gesetzgebung Deutschlands und anderer Staaten geschützt, und wir verfügen über sämtliche Rechte daran (…). Alle einzelnen Artikel, Blogs, Videos, Inhalte und anderen Elemente, die unsere Webseite enthält, sind ebenfalls urheberechtlich geschützt, und wir verfügen über sämtliche Rechte daran (…).
Wenn Sie Inhalte auf unsere Website übertragen bzw. auf dieser veröffentlichen (…) gewähren Sie uns (…) das übertragbare und (…) unwiderrufliche Recht (…) Inhalte im Einklang mit Ihrem Urheberpersönlichkeitsrecht zu verändern oder adaptieren (z. B. zusammenzufassen, zu kürzen, zu übersetzen etc.) sowie davon abgeleitete Werke zu erstellen.

Andere Klauseln sprechen dafür, dass ich Schwierigkeiten bekommen könnte, wenn ich Teile des Contents auf meinem Blog wiederverwerte, was natürlich ebenfalls anders abgesprochen war, dieser Content existiert auf meinem Blog ja bereits.

Im Ernst, HuffPo? Niemals, niemals hätte ich mich auf so einen Deal eingelassen. Ich bin ja nicht völlig Banane im Kopf. Auch wenn meine Leserschaft klein ist, wenn ich keinen bekannten Namen trage und gerne kostenlos alle möglichen Dinge zur Verfügung stelle oder verschenke: Niemals werde ich jemandem das Recht gewähren, mit meinen Bildern und Worten so umzugehen, wie er das möchte und sie sogar in andere Kontexte zu stellen und zu verändern!
Dermaßen unseriöse Klauseln in den Nutzungsbedingungen kapiere ich einfach nicht, sie machen mich sprachlos, denn: Sie tun einfach nicht not. Wie wahrscheinlich ist es, dass die HuffPo meine Beiträge verändern und in anderen Kontexten veröffentlichen möchte? Die Chance geht gleich Null. Warum dann diese krassen und völlig überzogenen Forderungen?

Byebye, Baby

Meiner Bitte, den Inhalt sofort von der Seite zu nehmen, wurde nicht entsprochen. Der Inhalt ist geringfügig angepasst worden, z.B. sind die peinlichen redaktionellen Angaben verschwunden und mein Blog ist verlinkt worden. Entschuldigungen habe ich mittlerweile vom Azubi bekommen, der anscheinend den Berg der unbeantworteten E-Mails abarbeiten soll. Eine Antwort auf meine Frage nach den neuen Nutzungsbedingungen habe ich nicht erhalten.

Dass ich mich hiermit zur dummen gefangenen Bäuerin mache, damit kann ich leben, ich werde das auch weiterhin unter dem Punkt „idealistisch“ vertreten. Und tatsächlich würde ich für die HuffPo kostenlos schreiben zu den zuerst vereinbarten Konditionen, denn ich finde das Konzept interessant und spannend. Ok, vielleicht wäre eine kleine Überarbeitung des gesamten Designs ganz schön, ich würde das elendige Outfit dann unter „Startschwierigkeiten“ verbuchen. Unter diesen Umständen allerdings kann ich mich nur wundern, wie die HuffPo in Deutschland überleben will. Auf diese Weise jedenfalls nicht mit meiner Hilfe.

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Update 17.10.:
Auf Nachfrage bekam ich eine E-Mail einer „Aushilfe“ der HuffPo, anscheinend hat der Redakteur leider zu viel zu tun. Die Aussage:
Die Nutzungsbedingungen auf der Seite beziehen sich nur auf die Artikel von unseren Redakteuren nicht auf die von den Bloggern veröffentlichten Beiträge. Sie behalten das Urheberrecht und können Ihre Artikel weiterhin veröffentlichen wo Sie wollen.“
Sehr freundlich, dass die Urheberrechte bei mir bleiben. Was ist mit den Weiterverwertungs- und Änderungsrechten, die sich die HuffPo einräumt? Und darf ich dann im Zweifel dem Gericht erklären, dass ich der Meinung war, die E-Mail einer Aushilfskraft habe mehr rechtlichen Bindungscharakter als die Nutzungsbedingungen auf der Webseite, die leider gar nicht zwischen Redakteuren und Bloggern unterscheidet?
Ich unterstelle der HuffPo gar nicht unbedingt, hier Blogger über den Tisch ziehen zu wollen, sondern hauptsächlich schreiende Unprofessionalität, die sehr peinlich anmutet. Meinen Content allerdings zu verändern, in diesem Fall, meine Fotos zu beschneiden, ist grob respektlos und verletzt die ursprüngliche (und für mich rechtlich verbindliche) Vereinbarung. Die Aussage der Aushilfe, meiner Bitte, den Beitrag offline zu nehmen, sei nachgekommen worden, stimmt ganz offensichtlich nicht.

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