Berlins Internationale Tourismus Börse (ITB) letzte Woche war für mich Neuland – mal abgesehen von meinen Brezelverkäufen während meines Studiums.
Ich hatte den Schuss irgendwie nicht gehört – vermutlich hatten schon alle Reiseblogger ihre Tickets in der Tasche, als ich eine E-Mail von einem Tourismusunternehmen bekam, ob man sich denn „vor Ort“ treffen und unterhalten könne zwecks Kooperation. Achso? Echt?

Bisher habe ich alle Reisen selbstfinanziert (oder gewonnen ;)), und habe mich auch nicht bei irgendwelchen Blogfindebörsen angemeldet oder ähnliches, um vermehrt gefunden zu werden. Mein kürzlich eröffneter Facebook-Account war der erste Versuch, mich ein bisschen „präsenter“ zu machen, obwohl ich dabei irgendwie ein komisches Gefühl habe und mich vor mir rechtfertige, dass ich dadurch nicht mehr á la Amway* meine Freunde mit meinem Bloggerleben belästigen muss sondern die jetzt selbst entscheiden können, ob sie meine Seite lesen oder nicht, unabhängig von der Freundschaft zu mir. Aber na klar: Ich finde es natürlich auch einfach toll, wenn ich gelesen werde.
Mit meiner kostenlosen Einladung der ITB (Blogger werden dieses Jahr gehyped, wie es scheint), einigen wenigen Terminen (tatsächlich haben mich nach meiner Anmeldung noch andere Unternehmen angeschrieben) und einer laaangen Liste an Wunschländern (da-will-ich-UNBEDINGT-mal-hin!) stiefele ich also am Donnerstag und Freitag durch die riesigen Hallen der ITB und bin – geflasht!

Es ist superschön, viele Stände haben sich wahnsinnige Mühe gegeben, viele Stände hauen mich ob ihrer Ästhetik um, und nicht zuletzt ist diese Unmenge an Farben und Ideen und unglaublich tollen Fotos ein Traum – und inspiriert mich leider zu noch ungefähr 20 neuen Reisezielen. Ich packe also meine Taschen voll und schleppe die 5 Kilo Prospekte pro Tag mit mir rum, bis ich abends zusammenbreche.
Wenn man wie ich nach interessanten Touren sucht und schon so ein paar konkrete Ideen im Kopf hat (die Kameele, Ihr wisst ja, es muss unbedingt zu den Kamelen gehen!), hilft nur: Fragen, fragen, fragen. Von 4 Ausstellern bzw. Angestellten sind 3 Honks dabei, die nur 5 Sätze Englisch können, wie es scheint, denn sie wiederholen gebetsmühlenmäßig ihre Standardtour und verstehen den Begriff „individuell“ überhaupt nicht. Das ist leider vor allem bei den Asia-Ländern der Fall. Letztendlich habe ich dann aber doch

  • einen sehr sympatischen Kontakt zu einer Thailänderin bekommen, die mich mit klasse Informationen versorgte, mir auf dem Tablet die Bilder ihres Büros zeigte und versicherte, ich solle mich melden, auch wenn ich erst in einem Jahr kommen würde.
  • einen unglaublich tollen Kontakt zu einer – hm, ich will ja noch nicht alles verraten – Zentralasiatin bekommen, die mir jetzt nicht nur meine gewünschte Tour im Mai organisieren will, sondern mich auch noch mit meinem ersten Kamel (!!), Äpfeln und Pralinen versorgte. Drückt mir mal die Daumen, es wäre soo toll! Und um das nochmal zu betonen: Das sind meine Reisen, ich habe mich nicht mal als Bloggerin vorgestellt, ich werde nicht finanziert etc. Meine Idee, mein Geld, mein Ding, meine Reise.

Neben einigen Vorträgen habe ich meine „offiziellen“ Termine dann auch noch untergekriegt und auch hier klasse Input erlebt: Gleich der erste Termin – ein spontan von mir initiierter Termin mit einem Mitarbeiter eines NGO-Projektes in der Türkei – war super interessant und verdient einen eigenen Post. Meine Türkei-Pläne habe ich zwar ad acta gelegt, aber irgendwann werde ich dieses Projekt definitiv unterstützen. Ja, sowas geht nämlich auch, auf der ITB.

Inwieweit ich konkret bei Reisen gesponsert werde, steht noch etwas in den Sternen. Klar ist, dass ich dieses Jahr nicht so viel Urlaub habe und daher viele Reiseziele sowieso schon festliegen. Wenn mir da jemand was zustecken möchte: Bitteschön, na klar, wenns denn keine Nazis sind, und das veröffentliche ich dann natürlich auch und gerne. Wenn eine Reise dazukommt, die ich eigentlich nicht geplant hatte, die mich aber vom Konzept her sehr reizt, dann mache ich auch das, wenn denn klar ist, dass ich auch negativ berichte, wenn mir etwas nicht passt. Gerne unterstütze ich Projekte, wenn ich von denen überzeugt bin, und wenn die mich dann verlinken, wunderbar, dann freue ich mich, und Vernetzung ist sowieso meistens gut.
Aber!
Wer jetzt auf sämtliche Züge aufspringt, weil er gehört hat, dass er sonst „eine Entwicklung verpasst“, bei wem unter sämtlichen Blogposts mindestens ein „sponsored Link“ steht, der verraucht meiner Meinung nach in kurzer Zeit zu Recht im authentizitätlosen, unwichtigen Werbedschungel, und dessen Blog möchte ich persönlich nicht mehr lesen.
Davon abgesehen, dass mir die Hackerei einiger Reiseblogger gehörig auf die Nerven ging (wer ist jetzt wichtig genug mit wem muss ich reden und ist blickgewinkelt denn fähig mir wichtige Kontakte herzustellen und ich bin wichtiger als du) und ich es super, super schade finde, wenn dadurch unter dieser eigentlich doch sehr netten Community eine blöde Stimmung aufkommt, finde ich es immens wichtig, dass nicht nur der mittlerweile berühmte „Blogger-Kodex“ eingehalten wird, sondern auch die Menge an unbezahlten, aus Lust und Kreativität entstandenen nichtbezahlten Posts pro Blog.

Warum?
Wenn alle Reiseblogger nur noch gehetzt von Termin zu Termin rennen und schauen, dass möglichst kein unbezahlter Content mehr produziert werden muss, denn Zeit ist Geld, und ihre Reisen nur noch nach Angeboten und nicht mehr nach eigenen Ideen ausrichten und entwickeln – was ist denn dann noch am Reiseblog ein Blog? Sollte die Entwicklung so weitergehen, werden meiner Ansicht nach die „großen“ Blogs in wenigen Jahren nichts weiter als ein weiterer Marketing-Zweig sein und die ITB braucht keine eigenen Bloggerevents mehr, weil ein Blog nur noch als anderer Vertriebsweg gilt.
Und ich persönlich frage mich sowieso schon längst, ob denn „Takatukaland“ wirklich „eine Reise wert“ ist oder der Autor/die Autorin nur durch einen Reiseveranstalter auf einer schnöden Messe dafür bezahlt wurde, eine uninspirierte Reise anzutreten.

Ich freue mich daher über alle kreativen, kontruktiven, wundervollen, den Spaß in den Mittelpunkt stellenden, individuellen, emotional-hippiemäßigen Kontakte. Vor allem gefreut hat mich das Wiedersehen mit unserem Guide aus Bolivien, der nicht nur verantwortlich für die gigantische Zeit dort war, sondern auch einfach ein ganz feiner Mensch ist. Ich habe viel Spaß gehabt und weiß vielleicht ein ganz klein wenig besser, wo es für mich langgehen soll, aber: So einen richtigen roten Faden habe ich immer noch nicht. Nur tausend Ideen. Und ich hoffe, Ihr auch. :)

*Amway: Angeblich nicht schneeballbasiertes, sektenähnliches Unternehmen, bei dem die Leute Produkte verkaufen sollen, die sie dann nicht loswerden, im Keller lagern und ihre ganze Familie und Freunde mit dem Scheiß belästigen.

PS: Der Bildchenpost folgt als Extraeinlage.