„Als der Schöpfer aller Dinge sah, dass die Menschen die Tiere schlecht behandelten, beschloss er, die Menschen von den Tieren zu trennen. Er zog zwischen den Menschen und den Tieren eine Linie auf die Erde, die sich langsam zu einem großen Graben ausweitete. Als der Graben so groß war, dass er fast nicht mehr überwunden werden konnte, sprang ein Hund über den Graben und stellte sich zu den Menschen.“ |
Aus der Mythologie der Navajo-Indianer |
Auf dem 8000 m²-Gelände bei Angersberg in Tirol in der Urlaubsregion Hohe Salve hat sich Martin Eigentler seinen Kindheitstraum erfüllt: Eine Husky-Ranch.
Hundeschlittenfahren in Angerberg
29 Hunde verschiedener nordischer Rassen leben hier, die meisten hat er schwedischen und kanadischen Bekannten „abgeschwatzt“, wie er sagt, denn er möchte ausgeglichene, ruhige Hunde, und kauft diese gerne von Leuten, denen er vertraut, z.B. die Yukon Huskies, eine seltene Huskyart, erwirbt er von Kanadischen Indiandern, deren Name ich schon wieder vergessen habe, weil so viele Informationen in der ersten Stunde auf mich einprasseln, die Martin hier lässig herunterrasselt.
Wenn einmal wieder ein nordischer Hund im nahegelegenen Tierheim gelandet ist, macht er allerdings eine Ausnahme und nimmt den Verlassenen auf, ohne den Charakter oder die Herkunft zu kennen. Leider passiert so etwas immer wieder: Die Menschen kaufen sich einen Nordhund, ohne zu wissen, dass dieser – wie viele Hunderassen – enorme Ansprüche an die Haltung stellt und vor allem sehr viel Auslauf braucht. Oder sie sind sich des Hundes einfach überdrüssig, wer weiß das schon so genau.
Einen haben sie im Wald gefunden, noch ein Welpe, angebunden an einen Baum, erzählt Martin, während sich genau dieser Hund gerade halb auf mir gemütlich macht und gestreichelt werden möchte. „Der war natürlich am Anfang nicht so einfach“, sagt Martin stirnrunzelnd.
Im Internet finden sich unter den Stichworten „Polarhund“, „Nordhund“ oder „Schlittenhund“ vor allem Notstationen für diese Hunderassen, so häufig kommen mittlerweile diese „Fehlkäufe“ vor. Vermutlich ist das der Grund, weshalb Martin nicht selbst züchtet. Er möchte keine seiner Hunde weggeben, sagt er. Verstehe ich.
Die Hunde sind friedlicher als viele andere Rassen, was unter anderem daran liegt, dass sie keine überflüssige Energie verschwenden, sondern sich diese zum Laufen aufheben. Es könnte allerdings auch ein bisschen an Martin liegen, der absolute Gelassenheit ausstrahlt. Die Hunde in Ruhe zu fotografieren ist allerdings trotzdem kaum drin, denn wir werden komplett belagert beim Kampf um die besten Streicheleinheiten.
Huskies sind sehr kontaktfreudig und kuscheln wahnsinnig gerne. Diese Eigenart hat Martin dazu gebracht, einige Holzhütten um einen Lagerfeuerplatz aufzustellen und Feriencamps für Kinder und Jugendliche anzubieten, mitten zwischen den freilaufenden Huskies. Ein super schönes Konzept, wie ich finde, und würde gleich selbst in einer dieser Hütten übernachten wollen.
Diese Idee ist mit den Jahren gewachsen und mittlerweile eine gute Möglichkeit, um die Husky-Ranch finanzieren zu können, denn die ist sicher nicht ganz günstig: Alleine 1 Kilo Fleisch frisst so ein Hund jeden Tag, außerdem spart Martin nicht am Equipment, so hat er zum Beispiel die superbequemen Sommercarts, mit denen die Hunde an schneefreien Tagen ausgeführt werden, direkt aus Norwegen geholt, denn das seien die Besten.
Das dürfen wir dann auch gleich selber ausprobieren, denn leider hat es im Tal noch nicht geschneit. Weil das aber mein erstes Mal „Huskyfahren“ ist, ist mir das ziemlich wurscht. Dass es allerdings ein großer Unterschied ist, ob man Schnee oder Modder ins Gesicht bekommt, sollten meine Kamera Emma und ich dann aber ziemlich schnell merken.
Als die Hunde angeleint werden, fangen sie ein irres Freudengeheul an, vor Aufregung, sagt Martin, dass sie gleich losrennen können – der Wahnsinn. Ich hoffe, ich bekomme in diesem Leben meine Videos noch zusammengeschnitten, das müsst Ihr unbedingt hören.
Der Mann steht hinten und lenkt und bremst, ich sitze – superbequem – vorne und mache Fotos, Martin fährt mit seinem Cart vorne weg. Die Hunde gehen los, als würde ihr Leben davon abhängen, und das, obwohl wir noch lange nicht den Full Speed draufhaben und die Bremsen die ganze Zeit leicht angezogen sind.
2-3 Stunden können sie wohl laufen, allerdings werden sie schon vorher etwas müde und langsamer, was ein Unterschied zu Grönlandhunden zu sein scheint: In Grönland wurde mir erzählt, dass die Hunde dort ganz besonders lange und ausdauernd laufen können.
Es macht irre Spaß, so durch die Landschaft zu fliegen und die Hunde vor sich zu sehen. Hinterher sehe ich allerdings aus wie gerade durch den Graben gezogen.
Emma habe ich zwar genug geschützt, aber mein geliebtes Sigma-Objektiv hat anscheinend zwischen den Linsen Dreck abbekommen und der Belichtungsmesser kommt gar nicht mehr klar, weshalb ich den Rest der Zeit manuell fotografieren muss. Bei sich ständig bewegenden Objekten mit abwechselnder greller Sonne und dunklem Schatten kein Kinderspiel, aber gut für die Übung.
Nach dem Abspannen gibt es für uns einen Tee und ich versuche, mitten zwischen den Betteleien nach Streicheleinheiten noch ein paar Fotos von diesen wunderschönen Tieren zu machen. Was mir besonders auffällt: Hunde schauen normalerweise weg, wenn man ihnen eine Kamera vor die Nase hält, denn den meisten ist das dunkle Gerät unheimlich. Nicht so bei diesen Hunden!
Ich hatte wirklich Mühe, sie davon abzuhalten, mir die Emma abzuschlabbern, und sowieso sitzen sie selten still, wenn man sie anschaut, denn dann kommen sie gleich angekuschelt, was ich einfach hinreißend finde.
Martin erzählt noch einiges zu den Eigenarten der Hunde, und ich bin beeindruckt von der sozialen Kompetenz dieser Tiere, ganz besonders von dem Umstand, dass nicht das stärkste Tier der Rudelführer ist, sondern das Weiseste: Intelligenz und Loyalität setzen sich hier durch, und so kommt es, dass die Rudelchefin Cheyenne, die mit ihrer ruhigen, langsamen Art und dem breiten Körper wie eine „Big Mama“ wirkt, sich körperlich gar nicht mehr zur Wehr setzen könnte, aber dennoch als Rudelchefin akzeptiert ist.
Verliebt habe ich mich aber eindeutig in Sharak, der gemeinsam mit Cheyenne das Rudel führt. Wenn man ihm in die Augen schaut, hat man eigentlich keine Fragen mehr, oder?
TTT – TierischeTouriTipps
- BITTE schafft Euch keine Nordhunde an! Diese Tiere sind nur glücklich, wenn sie im Rudel leben, rennen können und ihre Halter wissen, was sie tun! Dieser Artikel soll Euch lediglich das tolle Wesen dieser Hunde näherbringen und Euch vielleicht in Versuchung führen, so eine Ranch einmal zu besuchen und eine Hundeschlittenfahrt zu machen.
- Martin möchte nicht reich werden sondern seinen Huskies ein schönes Zuhause geben, weshalb man auf jeden Fall früh genug einen Besuch vorbuchen sollte. Alle Informationen gibt es auf seiner Webseite, die übrigens auch die einzelnen Hunde beschreibt.
- Neueste Infos und immer wieder tolle Bilder, selbstverständlich auch mit Huskies im Schnee gibt es außerdem auf der Facebook-Seite der Ranch.
- TV-Tipp: Am 15. März läuft auf Vox eine Dokumentation über die Husky-Ranch.
- Weitere Informationen über Nordhunde gibt es z.B. auf Wikipedia, bei polarhun.de und bei polarhunde.de.
Lieben Dank an den Mann für die Teamarbeit, die Unterstützung bei den Fotos und die sanft-sichere Hundecart-Fahrt. Als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Disclaimer: Ganz herzlichen Dank an Martin, der uns für einen Tag auf seine wunderbare Ranch eingeladen hat und an Tirol Werbung für die Einladung nach Österreich. Ich versichere, dass meine Begeisterung hundertprozentig authentisch ist.