Heute hat es geschneit.
GESCHNEIT.
Ich weiß noch ziemlich genau, wann ich den letzten Schnee in Deutschland gesehen habe, das war ein Januartag 2019, es war einer von drei (!) Wintertagen im Winter 2018/19, und das weiß ich so genau, weil ich für das kommende Brandenburg-Buch eine Winterstory fotografieren wollte. Damals dachte ich nicht, dass das vorerst meine letzte Chance auf Schnee werden würde. Das heißt, nicht ganz, neulich in Thüringen habe ich morgens ein paar Bergwipfel leicht weiß getüncht gesehen. Immerhin.
Und heute Nachmittag dann: dicke weiße Flocken.
Ich würde jetzt gerne schreiben, dass der Schnee die Welt in eine sanfte Wattedecke hüllte, alles ganz leise wurde und irgendwie tröstlich wirkte in dieser verrückten Welt.
Die Wahrheit ist, dass ich überhaupt keinen Bock mehr auf Winter habe, entnervt durch die „Schneeeee“-Rufe vom Mann in meinem Mittagsschläfchen gestört nur mit einem Auge herumblinzelte und die Flocken schon am Boden nur noch nassen Schnodder zurück ließen.
Das ist allerdings nicht das Schlechteste, denn hier hat es schon wieder viel zu lange nicht geregnet und die Bäume sind zu trocken. Ja, die Klimakrise macht eben auch keine Corona-Pause (pun intended).
Reisebuch-Timing
A propos Buch: Das Spreewald-Buch ist ja gerade erst erschienen (Amazon-Partnerlink), das Timing hätte besser sein können, naja. Das nächste Buch über die Lausitz und den Fläming (Amazon-Partnerlink) wird nun auf unbestimmte Zeit verschoben, blöderweise sind die Druckvorlagen alle fertig. Nach der Veröffentlichung werden wir uns dann wohl leider verteidigen müssen, warum so viele im Buch genannten Kleinbetriebe, Unternehmen und Übernachtungsmöglichkeiten nicht mehr aktuell sind, obwohl das Buch ja gerade erst gedruckt worden ist.
Ich hoffe natürlich, dass viele diese Krise überleben werden, leider scheint mir das nicht ganz realistisch.
Das ist umso trauriger, weil meine Co-Autorin Laura und ich uns gerade bei diesem Buch ins Zeug gelegt haben, möglichst viele kleine tolle Unternehmen in Brandenburg zu nennen, um sie ein wenig zu unterstützen.
Wer übrigens Interesse am Buch hat: Vorbestellungen sind dennoch möglich und würden uns extrem helfen, denn natürlich ist nicht gesichert, dass das Buch überhaupt gedruckt wird, solange die Nachfrage unklar ist.
Drostens schwere Tage
Gestern schrieb ich, dass die Zahl der Covid19-Erkrankten in den USA drastisch ansteigt, da waren es 136.00, heute sind es 157.000.
In Deutschland sind es hingegen trotz der Nach-Wochenende-Meldungsdaten „nur“ 4751 mehr, insgesamt nun 57.298 elektronisch übermittelte bestätigte Infizierte (RKI), und das macht doch ein bisschen Hoffnung, dass die Zahl der Neuerkrankungen tatsächlich sinkt.
Der NDR Podcast mit dem Chefvirologen der Charité Drosten war heute mal wieder sehr hörenswert und teils auch persönlich. Ich würde nicht ausschließen, dass Drosten bald nicht mehr für den Podcast verfügbar ist. Sehr deutlich sagt er und ist ihm auch anzumerken, dass nicht nur die Heldenstilisierung seiner Person, sondern auch diverse Attacken in manchen Medien bis hin zu Karikaturen ihm an die Nieren gehen.
Er sei Schuld am Suizid des Hessischen Finanzministers, habe ihm jemand geschrieben, und überhaupt entlädt sich die Wut diverser Bürger:innen, die mit der derzeitigen Lage nicht einverstanden sind, gegen „drosten-hörige“ Politiker:innen. Dabei sagt er doch immer wieder ganz klar: Wir machen hier nur unseren Job, wir werten Daten aus und analysieren.
So ganz stimmt das meiner Ansicht nach nicht, was ich nicht nur legitim, sondern zwingend finde: Ein Individuum hat natürlich eine Meinung, und die wird sicher auch immer wieder zwischen nackten Daten hervorkommen, und das finde ich auch ganz ok so, solange wir uns dessen bewusst sind und darüber reflektieren.
Heute waren noch diverse andere Aspekte dabei, zum Beispiel, dass wir bisher sehr wahrscheinlich „Glück“ gehabt haben, dass unsere Infektionsherde unter fitten Menschen mittleren Alters stattfanden, im Gegensatz zu Italien, und dass die Infektionen jetzt auch bei Älteren zunehmen, weshalb die Todesrate ansteigen wird, was in der Erfassung wohl jetzt schon zu erkennen ist.
Grundrechte und EU-Autokraten
Gruselig finde ich immer noch Kontrollen, die über das Kontaktverbot hinausgehen, deren Sinn sich mir immer noch nicht erschließt: Einzelne Menschen werden auf der Straße nach Ausweisen gefragt, Menschen von Parkbänken verwiesen. Man dürfe Sport treiben, ja, sich aber nicht niederlassen. In Zukunft soll ein stattliches Bußgeld verhängt werden können.
Dann hoffe ich mal, dass Oma Erna beim Spaziergang keine Beinschmerzen bekommt und fleißig immer weiter laufen kann, damit auch sie keine 500 Euro bezahlen muss.
Ja, mich ärgert das immer noch maßlos, denn ich habe den Eindruck, das ist doch wieder so ein typisches Konzept von Leuten, die sich die Lebensrealitäten vieler Berliner:innen nicht vorstellen können. Dazu passend zeigte die Tagesschau beim Homeoffice-Beitrag zwei Familien mit Haus und Garten. Zudem fühle ich mich ziemlich ausgeliefert, denn was ein „erlaubter Grund“ des Aufenthaltes im Freien ist, kann derzeit ein einzelner Beamter nach eigenem Augenmaß bestimmen. Ich sage mal so: Gut, dass ich kein Punk mehr bin. (Aber vielleicht färbe ich mir jetzt dennoch die Haare grün.)
Und wer gerade wieder mit den Augen rollt und mir erzählen möchte, dass ich „komplett übertreibe“ mit meiner Sorge, dass gerade an diverser Stelle viel zu viele Bürger:innenrechte ausgehebelt werden und wir sehr, sehr vorsichtig sein müssen, welche Weichen wir für die Zukunft stellen, der schaue einmal rüber nach Slowenien und insbesondere heute nach Ungarn, wo Viktor Orban sein Land nach und nach in eine Diktatur verwandelt: Er kann künftig ohne Parlament regieren.
Demokratie ist leider kein weltliches Grundrecht und nur, weil wir darin aufgewachsen sind, heißt das nicht, dass sie nicht fragil ist. Für einen Umsturz sind keine 50% der Bevölkerung notwendig, und man schaue sich mal die Entwicklungen der 20er/30er Jahre an und dann die Wahlanteile von deutschen Parteien mit klaren faschistischen Tendenzen…
Zuhause
Wir haben heute Geburtstag eines Kindes gefeiert und ein Familien-Zooming gemacht, was witzig und auch irgendwie traurig war.
Als ich das Geburtstagskärtchen schrieb mit dem Spruch, das sei wohl der seltsamste Geburtstag aller Zeiten, blieben mir die Worte fast in den Fingern hängen. Ich hoffe sehr, dass ich diesen Spruch nicht auch noch zum nächsten oder sogar übernächsten schreiben muss. Wie lange wird ein Impfstoff benötigen? Im Papier der Bundesregierung von 2013, wo genau dieser Katastrophenfall durchgespielt wurde, waren es drei Jahre.
Ich denke, ich muss mir ein besseres Mikro kaufen.
So langsam gewöhnte ich mich ans Homeoffice, was auch daran liegt, dass ich mich im Kinderzimmer etwas besser eingerichtet habe und nun am großen Monitor arbeiten kann, wenn der Kleine nicht da ist.
Schräg dabei ist: Der Mann sitzt nur drei Meter weiter und ich höre jetzt, wie er mit seinen Kollegen spricht. Ich hätte nie gedacht, dass ich es mal so verwirrend intim finden würde, wenn sich Lebensbereiche auf einmal überschneiden.