Die Manifestation von Musik in einem Bauwerk.

Wenn man Helsinkis neueste Errungenschaft, die Zentralbibliothek Oodi, von der Hauptstraße Mannerheimintie aus begegnet, scheint sie zwischen dem Kunstmuseum Kiasma und Helsinki Music Center hindurch zu schweben – ein „wolkengleiches“ Bauwerk, wie es einer der Architekten beschrieb.

Die Bibliothek Oodi in Helsinki im zartrosa Winterhimmel

Die Bibliothek Oodi in Helsinki im zartrosa Winterhimmel

Die Bibliothek Oodi in Helsinki: Musik auf architekturisch

Von nahem, direkt vor dem Eingang, sieht die Oodi eher aus wie eine Welle, die sanft durch die Stadt gleitet, wie ein musikalisches Bauwerk, quasi Musik auf architekturisch.

Geschwungenes Gebäude, Oodi

Wie eine musische Welle – daran erinnert die „Ode“, Helsinkis neueste architektonische Errungenschaft.

Riesiges "Dach" der Bibliothek in Helsinki

Drumherum stehen derzeit leider viele Bauzäune. Die Oodi ist dennoch beeindruckend.

Die Logik des Gebäudes entzieht sich. Staunen und Freude. Eine Ode an die Freude – und ans Lesen.

Eingang Bibliothek Oodi

Vor dem Eingang stehend entzieht sich die Logik des Gebäudes.

Wenn man Finnland nicht kennt, erkennt man es in diesem Bauwerk, denn die Ode, wie „Oodi“ übersetzt bedeutet, ist nicht einfach eine Ode ans Lesen, an Bücher oder an deren Autoren, wie man meinen könnte. Es ist eine Ode an die Gemeinschaft, und das wird schnell klar, wenn man in das moderne Gebäude aus Kiefernholz, Glas und reduziertem, aber gemütlichen Design schnell deutlich wird.

Everyone has the right to be at the library.
Idle hanging out is allowed, even encouraged.
Racism and discrimination have no place at the library.

Oodi is our common living room.

steht auf einer Tafel im ersten Stock.

Jeder hat das Recht, in der Bibliothek zu sein.
Herumhängen ist erlaubt, ja sogar erwünscht.
Rassismus und Diskriminierung haben in dieser Bibliothek keinen Platz.

Oodi ist unser gemeinsames Wohnzimmer.

Das Herz der Bibliothek Oodi schlägt vermutlich in jeder Ecke des Gebäudes, am meisten Spaß macht wohl der Blick im 3. Stock, dort, wo die „Wolken“ beginnen und in der Mitte die fast leeren Regale der Bibliothek aneinanderreihen. Leer? Ja. Man sagt, es sei so leer, weil die Finnen so begeistert von der im Dezember 2018 eröffneten Zentralbibliothek sich die Bücher wie wild ausgeliehen hätten.

Dom Helsinki

Mehr interessante Orte in Helsinki, Sehenswürdigkeiten, Restaurants und weitere Tipps habe ich in meinem ausführlichen Helsinki-Guide beschrieben.

Innenansicht Bibliothek Oodi

Außen Glas, viel Licht.

Innenansicht Bibliothek Oodi

Und halbleere Regale: Die begeisterten Finnen liehen innerhalb weniger Wochen nach der Eröffnung viele Bücher aus.

Die Seiten laufen jeweils spitz aufeinander zu und erheben sich über die Regale, links Treppen, rechts ein schräger Fußboden, gerade recht, um Spielplatz für die Kinder zu sein, an denen sich hier niemand stört, im Gegenteil: Ein extra Bereich für Kinder ist auf der anderen Seite untergebracht, und Kaffee trinken kann man beim Bücherstöbern auch gleich noch dazu.

Schräge Architektur in der Bibliothek Oodi in Helsinki, Finnland

Schräg laufen die Seiten aufeinander zu.

Schräge Architektur in der Bibliothek Oodi in Helsinki, Finnland

Studieren in allen Dimensionen.

In jeder Ecke befinden sich Sessel, Stühle, Arbeitsplätze.

Große Glasfront in der Bibliothek

Auch vor den großen Glasfronten lässt es sich gemütlich lesen.

Die Decke schlägt sanfte Wellen über dem Kopf, die gläsernen Seiten lassen viel Licht herein. Seltsame „Bubbles“ im Fensterglas dienen zum zerstreuen des Sonnenlichtes und ähneln gleichzeitig Schneeflocken. Es ist warm und entspannt. Im Kinderbereich (der nicht fotografiert werden darf) stehen gemütliche Sessel, Kinder hocken auf dicken Teppichen und an den Holzwänden füllen Kinderbücher die Regale. Das etwas spacige Treppenhaus führt zum Labor- und CoWorking-Bereich.

Runder Treppenaufgang in der Oodi.

Der Treppenaufgang, einzelnen Dingen und Menschen gewidmet, führt zu den anderen Stockwerken, den Coworking-Spaces, den Laboren, und natürlich zur Sauna.

Das moderne Wohnzimmer Helsinkis

Erst im zweiten Stock wird die Absicht der Bibliothek Oodi richtig deutlich: Coworking-Spaces, verschiedene Sitzgelegenheiten, Meeting-Räume, 3D-Drucker, Großprinter, Nähmaschinen, Bastel-Labore… Es fällt schwer alles aufzuzählen, was der Gemeinschaft hier alles geboten wird.

Sitztreppen in der Bibliothek.

Studierzone und Treffpunkt im 2. Stock der Bibliothek.

Coworking Spaces in der Bibliothek

Viele einzelne kleine Räume können als Coworking-Spaces genutzt werden.

Bastel-Labor in der Bibliothek Oodi

Bastel- und Elektronik-Labore, 3D-Drucker, Copyplace, Tablets zum Ausleihen – hier gibt es alles nicht nur fürs Studentenherz.

Nähmaschinen

Ein ganzes Dutzend Nähmaschinen zur freien Verwendung; das Angebot wird gut genutzt.

Das „Wohnzimmer“ nehmen die Finnen wörtlich, und so treffen sich hier nicht nur Kinder zum Spielen und Menschen zum nähen, auch eine Strick-Gruppe hat sich in einer Ecke niedergelassen.

Stricktreffen

Treffpunkt zum Stricken – auch das ist die Oodi.

Tablets können gratis ausgeliehen werden und es gibt ein Kino. Die Sauna, die laut Stadtguides existieren soll, habe ich vergeblich gesucht. Angeblich – so habe ich inzwischen gehört – war sie geplant und ist dann nicht eingebaut worden. Im Erdgeschoss gibt es leckere Speisen.

Die Unisex-Toiletten irritiert die ältere Generation dann aber doch etwas, vor mir traut sich ein Herr nicht hinein.

Die rund 100 Millionen Euro, die die Bibliothek Oodi kostete, wurden von Stadt und Staat aufgebracht, eine Hommage an Finnlands Unabhängigkeit und an die Gemeinschaft der Bürger*innen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich es nicht glauben: Fünfeinhalb Millionen Finnen schaffen es, mit Steuergeld ein so bezauberndes Gebäude in die Innenstadt zu setzen.

Wer würde sich da nicht in Finnland verlieben?

Bibliothek Oodi
Töölönlahdenkatu 4, 00100 Helsinki
Öffnungszeiten Mo-Fr von 10-22 Uhr, Sa + So von 10-20 Uhr.
Der Eintritt ist frei.

Bibliothek Oodi Helsinki

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