Cheggio, ein Ort im Valle Antrona, Piemont. Achtung: Nicht zu verwechseln mit dem Ort Cheggio nahe Villadossola!
In Cheggio, im Antronatal im Piemont in Bella Italia, lässt es sich tatsächlich nicht nur hübsch wandern sondern auch süß einschlummern, zum Beispiel zu den herrlichen Kuhglocken, die die „Bruna Alpinas“, die süßen, kräftigen braunen Kühe der Region tragen.
Mittlerweile laufen auf den Weiden natürlich auch andere Züchtungen herum, man kennt das ja: Sie sollen mehr Milch geben und mehr Fleisch, und dann soll die Milch auch noch magerer sein, weil der moderne Mensch von heute sich ja fettarm ernähren will undsoweiter…
Blödsinnigerweise grasen dann also nicht die alpin versierten Bruna Alpinas dort herum sondern die gefleckten nicht-alpin Kühe, was dazu führt, dass die Kühe sich eher im Tal aufhalten, weil sie nicht sonderlich hoch kraxeln können. Was sich wiederum auf die Wiesen auswirkt, die dann nicht so optimal gedüngt sind und weit weniger vielfältig, was sich dann natürlich auch wieder auf das Futter der Kühe auswirkt und damit auch auf das Aroma von Milch, Käse und Fleisch, dem dann wieder Aromen und irgendein ähnlicher Mist zugeführt wird, damit es dem Endverbraucher schmeckt, womit wir im modernen Zeitalter angekommen wären.
Das Antronatal im Piemont
Angesichts der Idylle um mich herum mag ich die moderne Welt aber lieber ins nur eineinhalb Stunden entfernte Mailand verbannen und mich hier im Gefühl des Alpenlebens wiegen. Von der geringeren Vielfalt bemerke ich auch nicht viel, selten habe ich so eine unglaublich riesige Auswahl an Gräsern, Blumen und Kräutern auf einem Haufen gesehen: Astern, Lilien, Orchideen (ja, wilde Orchideen!), Nelken, Thymian, Salbei, Mageriten, ich kann sie alle gar nicht aufzählen. Und dann – man glaubt es nicht – wächst da vor uns tatsächlich ein Edelweiß!
Ich glaube, ich habe die mitlaufenden Jungs ein bisschen kirre gemacht mit meinem Blümchen und Röschengelaber, aber hey, wir sind in den ALPEN! Und es ist ein EDELWEISS! Da geht der Buddelmensch in mir eben durch!
Unser Guide bestätigt, dass diese Region eine der ökologisch vielfältigsten in ganz Italien ist.
Noch mehr Interessantes erfahre ich auf dem Refugio Città di Novara, z.B. dass die Franzosen bei der Normandieerstürmung so komische Clickdinger genutzt haben, um sich im Wald zu verständigen, auch wenn das wenig mit dem Hier und Heute zu tun hat sondern eher damit, dass Mariano, der das Refugio wieder aufgebaut hat und nun seit drei Jahren führt, ein toller Geschichtenerzähler ist.
Von ihm erfahre ich außerdem, dass die Dächer hier in der Gegend mit so festem Gestein gedeckt sind, dass diese nicht gespalten werden konnten sondern die Frauen Steine in der richtigen Größe zusammen sammeln mussten – ein Wahnsinn an Arbeitsleistung.
Vielleicht ist das Refugio wegen Marianos Geschichten so knackevoll, vielleicht aber auch, weil er ein genialer Koch ist. Am Abend bekomme ich mit Rücksicht auf meine Weizenallergie eine leckere Gemüsesuppe und einen fantastischen zweiten Gang, von dem ich vermute, dass es Mangold ist. Leider kennen weder Mariano noch ich das Wort für Mangold im Englischen und mein Italienisch beschränkt sich auf „per favore“, „grazie“, „birra“ und „vino“…
Das Dorf Cheggio und der Lago di Cavalli
Oder es ist die Gegend, weshalb die Menschen hierher kommen: Mit der wunderbaren Aussicht entspannen, kleine typische Alpdörfer anschauen, und dann auf kleine oder größere Wandertouren gehen – Traumurlaub eines Wanderers.
Cheggio ist klein und sehr gemütlich, die alten Häuser wurden teilweise restauriert, was an ein Wunder grenzt, denn von der italienischen Regierung können Bewohner in der Regel keine Beihilfe zur sehr aufwändigen Instandsetzung der Häuser und Wege erwarten. In vielen Ortschaften finden daher kleine Feste statt, um Touristen anzulocken und mit dem eingenommenen Geld den Ort zu erhalten. Trotzdem verfallen viele Häuser und teilweise ganze Ortschaften. Die Menschen sind meistens ins Tal gezogen.
Der Wandertourismus soll nun die Orte wieder beleben, die teils heute noch durch die alten Maultier-Handelswege verbunden sind. Von Cheggio aus ist zum Beispiel eine 2-Tages-Wanderung in die Schweiz möglich.
Eine kleine Wanderung führt uns Richtung Cavallo di Ró, und ich sehe das erste Murmeltier meines Lebens. Wo? Na daaaaaaaaa!
Am frühen Abend stehle ich mich noch einmal davon und laufe zum Stausee, der direkt 5 Minuten vom Ort entfernt liegt.
Das Licht ist fantastisch. Es ist niemand da, denn was man hier im Antronatal in Piemonte auch noch findet, neben den wunderbaren Menschen und der schönen Natur ist – Ruhe. Der Tourismus schläft hier noch, und ich finde das egoistischerweise auch ganz gut so.
TTT – TierischeTouriTipps
Unterkommen:
- Das Refugio Citta di Novàra in Cheggio ist ein toller Ausgangspunkt für Wanderungen. Mehrbettzimmer sowie Einzelzimmer möglich, es sollte aber vorgebucht werden. Die Webseite ist auf italienisch, Mariano spricht aber hervorragendes Englisch: mariano@rifugionovara.com
- In mehreren Dörfern gibt es auch günstige Herbergsunterkünfte, teilweise werden diese noch aufgebaut, um Wanderern künftig überall typische und günstige Übernachtungsmöglichkeiten bieten zu können (um die 15 Euro). Ein Verzeichnis gibt es meines Wissens nicht – ich empfehle, sich an die Tourismusauskunft der Regione Piemonte zu wenden oder vor Ort sich durchzufragen. Für Letzteres sind allerdings Italienischkenntnisse von Vorteil.
Informationen zu Wanderungen:
- Infomaterial über piemonteitalia.eu (deutsch), Facebook (meist italienisch)
- Eine ganz wunderbare Seite für Wanderer: sentieridelverbanocusioossola.it (deutsch). Dort sind alle Touren gut beschrieben.
- Aus eigener Erfahrung: IMMER, immer lokal Ansässige zum geplanten Wanderweg befragen! Eine Karte sagt noch nichts über den Zustand des Weges aus! Nichts ist übler als ein seit 20 Jahren nicht mehr genutzter Wanderweg…
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Offenlegung: Ich wurde von der Region Piemont im Zuge des Projektes Vetta eingeladen, meine Meinung bleibt unabhängig. Begleitet wurde ich von Jens für teilzeitreisender.de.