Ich sitze hier in Südafrika gerade mitten in der Nacht in unserem sehr hübschen AirB&B in Kapstadt, um diesen Beitrag fertig zu stellen, und es fällt mir so nicht leicht, denn ich habe mir vorgenommen, Euch möglichst viel über das superkreative, teils gestylte, teils krass arme, reich an Formen und Farben und in Gegensätzen schwimmende Kapstadt zu berichten (ganz anders also, als das derzeitige düstere, graue Deutschland, wie ich höre).
Visuelle Inspiration
Und ohmeingott da ist so viel zu erzählen und so viele unglaublich tolle und interessante und schöne Sachen, die mich in den letzten Tagen auf meienr Reise inspiriert haben, wahnsinnige Farben, unglaublich viel Kunst, so viel Leben, so viel Sonne. Wenn ich an Kapstadt und das Umland denke habe ich ungefähr solche Bilder im Kopf:
Andererseits möchte ich nicht den Eindruck hervorrrufen, ich befände mich hier in einem rosa Wölkchen.
Von politischen Unkorrektheiten und Stilmix
Denn Rosa Wölkchen kann hier erleben, wer – vor allem mit „weißer“ Haut – durch die Gegend rennt und seine Scheuklappen dicht macht. Im zuvor kolonialisierten Südafrika herrschte noch bis vor kurzen 20 Jahren das Apartheidsregime. Heute ist in Kapstadt die Trennung immer noch zu spüren: In den oberen Reihen sitzen Weiße, es bedienen fast ausschließlich Nicht-Weiße, die Schere zwischen Arm und Reich ist riesig, vielerorts fehlt es an Bildung und die Kriminalitätsrate ist hoch in den Townships. Nicht betroffen: Weiße und Touristen.
An der Camps Bay unten am Wasser hat eine weiße Familie – jüdisch, so wird hier betont, ohne dass es antisemitisch sein soll, denn die Zugehörigkeiten zu jeglichen Gruppen, ob Schwarz, Weiß, Coloured, Cape Malay, Muslim, Jewish, Christin, etc. sind hier im Ex-Apartheidsgebiet so eingebrannt wie das Pap im Küchenherd – sämtliche Hotels und Restaurants und Läden aufgekauft, andere verdrängt und macht jetzt ihre eigenen Mieten und Preise, worüber die Kapstädter sauer sind und wovon die Touris nichts wissen.
Aber auch für Nicht-Scheuklappen-Touristen ist es schwierig zu beurteilen, welche Produkte woher kommen, was nun „südafrikanisch“ ist oder was „authentisch“ und mit welchem Kauf welches Portemonaie gefüllt wird.
Viele Touristen sind irritiert, dass es so wenig „typisches Südafrikanisches“ gibt. Seit meinem Studium der Afrikanischen Geschichte weiß ich, dass vor allem eines den Afrikanischen Kontinent auszeichnet: Migration. Die vielen Holzschnitzereien überall sind entweder in Fabrikhallen entstanden oder aus Malawi oder irgendwoher sonst aus dem Norden. Fragt man einen Taxifahrer nach typisch südafrikanischem Essen, antwortet der vielleicht noch mit Cape Malay Food, eher schon mit Indisch, meist aber mit Restaurantvorschlägen mit afrikanisch-arabischem Mix. Denn Mix: Das ist Südafrika. Die Buren, das ist (heute) Südafrika. Die Khoi und San, das ist Südafrika. Südafrika ist Deutsch und Dutch und Coloured und regenbogenfarbig und nie weiß man genau, welche Worte davon jetzt politisch korrekt sind.
Südafrikaner sind unglaublich nette und offene Menschen, und besonders ein Teil der Bevölkerung scheint ein riesiges Herz und eine wahnsinnige Gabe der Vergebung zu haben. Ich bin, das merkt Ihr sicherlich, nachhaltig begeistert, beeindruckt und berührt von dieser Stadt und seinen Menschen.
Um zu meinem eigentlichen Thema zurückzukommen: Südafrika, insbesondere Kapstadt, ist kreativ, wahnsinig vielfältig, bunt und hat ein unglaubliches Spektrum an Design, was mich sehr inspiriert hat und ich könnte hier locker noch ein paar weitere Wochen verbringen.
Das Bo Kaap Viertel in Kapstadt
Das Bo Kaap Viertel mit seinen bunten Häusern, ursprünglich zur Orientierung verschieden angemalt, wird heute von den Bewohnern weitergepflegt und zieht viele Touristen an.
Townships Langa und Gugulethu
Schön mit all seiner Hässlichkeit – das ist Südafrika. Weil das Leben so ist: Hässlich und schön. Furchtbar und versöhnlich. Grau und bunt.
Nachdem ich das Township Langa besucht habe, verstehe ich ein bisschen, dass die Townships Südafrikas Inspiration für viele Kreative sind. Und fühle mich ein bisschen komisch dabei, das zu denken.
Nelson Mandela
Ja, Tata Mandela ist weder in Form noch Farbe zu pressen, aber er hat einen großen Anteil an dem heutigen Stadtbild, denn seine Versöhnungspolitik ist einzigartig gewesen und ist es noch. Wenn die Menschen von ihm reden, dann tatsächlich mit einer tiefen Liebe oder sehr viel Respekt.
„Du wirst nichts besser machen, nur schlimmer, wenn Du Dich im Ärger versteifst.“ antwortet mir der Guide vor ein paar Tagen, als ich frage, wie das denn ginge, jetzt so neben den Weißen zu leben.
Nelson Mandela, wir danken Dir für Dein Erbe an Südafrika, weshalb heute Kapstadt so bunt sein darf. Nelson Mandela starb heute genau vor einem Jahr.
Young Blood Art Gallery
Wir besuchten eine Art Gallery, die neben Kunst zeitgenössischer und aufstrebender jüngerer und unbekannterer Künstler auch Speisen anbietet, Lesungen und Konzerte und Theater veranstaltet. Ein großartiger Misch und gleichzeitig ein Konzept, um so einen Laden am Laufen zu halten. Diese Mischkonzepte kenne ich aus Berlin, hier scheint es ebenso gut zu funktionieren.
Märkte in Kapstadt (yeeeiii!)
Märkte sind hier genauso populär wie in Europa und ich wanderte die letzten Tage durch diverse Märktehimmel, sollte es sowas geben. Vieles sieht unglaublich Europäisch aus, vom Skandinavischen Design über die in Europa so geliebten adretten Food Markets. Ich bin irritiert, und dass die Mumins ihren Ursprung in Afrika hatten, wage ich zu bezweifeln, gleichzeitig finde ich es toll, das Essen ist gigantisch und Inspiration bekomme ich hier überall.
Die Old Biscuit Mill ist ein Industriegelände in Woodstock, einem Stadtteil, in dem ich derzeit in einem BnB wohne und das wohl schwer am kommen ist. Neben unglaublich leckerem Essen gibt es tolle Mode, 3-D-Prints und alle möglichen kleinen Shops, die nach meinem Empfinden zum größeren Teil authentisch handcraft waren. Irre sehenswert, allein von den Töpferwaren hätte ich am Liebsten meinen Rucksack vollgestopft.
Der Market on the Wharf ist eine riesige Halle, die wieder Essen aber vor allem auch unglaublich viele wunderbare Handwerkssachen anbietet, von tollen Stoffen zu selbstgebastelten Instrumenten. Ob hier lokale Designer verdienen oder doch eher große Konzerne kann ich leider nicht beurteilen.
Der Neighbour Food Market ist für mich ein absolutes Must-See: Die Essensstände jeglicher Coleur versprechen ausschließlich Handgemachtes, die Auswahl ist riesig, von Parfums über Pilze zu Früchten und selbstverständlich den typischen in Südafrika so beliebten Desserts. Orrrrr! Allerdings sieht man schon auf der Webseite: Auch das ist leider eine hauptsächlich „weiße“ Angelegenheit.
Essen in Kapstadt
Auch Essen kann schwer inspirierend sein, wie Charly’s Bakery zeigt. Die Torten und Törtchen sind der Hammer und alleine wegen der Sprüche hätte ich meinen Rucksack vollpacken können. Sowieso ist Kapstadt berühmt für seine irren Desserts.
Zwischendurch gibt es eine Runde Tapas im La Parada. Oder auch drei oder vier. Es ist zwar tierisch laut, aber auch tierisch lecker (Achtung, nichts für Vegetarier!). Ich war inzwischen so voll mit Kreativität, dass ich unsere Essensschlacht einmal fotografieren musste. Wahnsinnig stilvoll, oder?
Unbedingt nicht verpassen: Der Afrikanische Mix im Gold-Restaurant: Einmal durch Afrika essen in fünf Gängen und zwischendurch Tänze der Belegschaft sehen. Authentisch? Ich habe echt keine Ahnung, aber ich habe mich von der guten Laune anstecken lassen.
TTT – TierischeTouriTipps
Au Backe, ich muss los, den Flieger nach Johannesburg bekommen…
Transparenzhinweis: Ich wurde vom Südafrika Tourism Board, Condor und Thomas Cook zu einer einwöchigen Pressereise eingeladen. Andere fixe Reiseideen entstammen meinem eigenen Kopf und sind selbstbezahlt, wenn sich denn kein Tropf fand, der meine Geschichten unterstützen wollte.
Seit 15 Jahren ist Inka Redakteurin, Reisebloggerin und Autorin in Berlin und Brandenburg. Sie hat mehrere Reiseführer über die Region geschrieben und veröffentlicht ihre Tipps und Geschichten im Spiegel, Tagesspiegel und verschiedenen Magazinen. Außerdem Möchtegernentdeckerin, Liebhaberin der polaren Gebiete unserer Erde und abschweifend in der Welt. Hier Chefin vom Dienst.