Liebe Bahn!
Wobei, nach einigem Nachdenken, vielleicht lassen wir die Vertraulichkeiten doch lieber für’s Erste mal bleiben.
Also, Bahn, anlässlich eines Familienfestes sind wir am vergangenen Wochenende mit euch von Berlin nach Münster unterwegs gewesen. Da solche Familienfeste ja lange geplant sein wollen, und weil wir nicht so recht Lust haben 462 Euro für eine Bahnfahrt zu zweit auszugeben, buchen wir unsere Tickets natürlich frühzeitig – online, und nach ordnungsgemäßer Angabe der eMail-Adresse. Das macht die Sache deutlich preiswerter – gesucht, bestellt, bezahlt, und zack, schon kommen die Tickets per eMail zum Selberausdrucken direkt nach Hause! Wunder der Technik!
Na, um wieviel Uhr ist der Zug in Hamm? |
Nun hat’s ja blöderweise vor ein paar Wochen ziemlich stark geregnet, und alles rund um die Elbe stand (oder steht immer noch) unter Wasser – was ziemlich schlimm ist für die Menschen die da wohnen, und ich will auch gerne zugeben dass ihr da gar nichts für könnt. Ich verstehe auch dass sowas einen Fahrplan durcheinanderwürfeln kann, und dass man deswegen den einen oder anderen Zug ausfallen lassen muss versteht sich ja schon fast von selbst. Ist nicht schön, aber kann passieren. Steckste nicht drin!
Tja, nun ist aber unser Zug gar nicht einfach so ausgefallen, sondern ihr habt einen Notfall-Fahrplan eingerichtet, d.h. der Zug fällt jetzt nicht nur einmalig aus weil er z.B. kaputt ist, sondern er fährt einfach nicht mehr. Ist ja nicht schlimm, man kann nicht wirklich erwarten dass eure Züge auch noch tauchfähig sein sollen. Die Allermeisten von uns freuen sich ja schon wenn es eine funktionierende Klimaanlage gibt.
Nur – eine Frage hätte ich da schon noch: Liebe Bahn, wenn ihr jetzt doch nun schon seit ein paar Wochen wisst das unser Zug gar nicht fahren wird … wieso seid ihr dann eigentlich nicht in der Lage das euren Kunden (die ja ein Ticket mit Zugbindung gekauft haben) auch mal mitzuteilen? Wohlgemerkt, ich rede von solchen Kunden deren eMail Adresse ihr ja schon schon längst habt – ihr habt uns ja die Fahrkarten zugeschickt, wisst ihr noch? Was ist eigentlich so schwierig daran uns so eine klitzekleine Nachricht zukommen zu lassen? Immerhin zeigt ihr euch ja kulant und lasst uns stattdessen mit einem anderen Zug fahren. Ist natürlich schade dass der Zug jetzt erst 2 Stunden später ankommen wird und wir deshalb den einen Abend der (wie erwähnt, lange geplanten) Familienfeier verpassen. Immerhin, wir können ICE fahren statt nur mit so einem ollen InterCity wie sonst immer. Nur, wisst ihr, wenn wir das vorher gewusst hätten, dann hätten wir glatt auch noch einen Zug *früher* nehmen können und wären nur ein kleines bisschen zu spät gekommen. So ist das schon ein bisschen schade. Nee, das nehme ich zurück, das ist nicht nur ein bisschen schade. Das ist verdammt ärgerlich!
Wo ich schonmal dabei bin: Da ja alle möglichen Züge nicht, verspätet oder woanders abfahren irren natürlich zur Zeit lauter hilflose Bahnkunden (darunter eine erkleckliche Anzahl Touristen) über den Hauptbahnhof in Berlin und fragen sich wann, wo, und ob überhaupt ihr Zug fahren wird … und wenn ja, wohin. Ist ja eigentlich auch zu erwarten, oder? Und all‘ diese Menschen brauchen also eine Auskunft, und vor allem natürlich auch einen „Zugbindung aufgehoben“ Stempel auf ihrem Fahrschein – und wo bekommt man den? Genau, bei der Information. Oder im Reisezentrum. Gut ist ja, dass das Reisezentrum am Hauptbahnhof in Berlin so groß ist, dass man da mindestens 8-10 Schalter drin unterbringt. Nicht so gut ist allerdings dass von den 8-10 Schaltern nur 3 besetzt sind und eure Kunden deswegen bis nach draussen Schlange stehen müssen. Und, während sie warten, die Züge verpassen mit denen sie ersatzweise hätten fahren können. Sagte ich schon dass sowas ärgerlich ist? (Schade eigentlich, dass wir nicht 1. Klasse gebucht hatten … denn bei euch gibt es zwei Sonderschalter für die 1. Klasse. Die sind alle beide besetzt, auch wenn da gar keiner ansteht.)
Fast schon ein bisschen lustig war dann ja die leicht pampig vorgetragene Auskunft wir hätten uns ja schliesslich vorher mal informieren können, z.B. im Videotext. Im bitte was? Achso, ja, Videotext. Da war doch was, irgendwann im letzten Jahrtausend. Sicher. Da finde ich bestimmt eine Alternative zu dem ausgefallenen Zug. Oder im Internet! Internet, das ist dieses Ding in dem wir unsere Fahrkarte gekauft haben. Pflichtgemäß (man weiss ja nie!) schauen wir dann auch gleich mal nach ob der uns vorgeschlagene Ersatz-Zug denn nun auch *tatsächlich* fährt.
Und, Überraschung:
Ahja. Guter Plan um von Berlin wegzukommen! |
Willkommen in #Neuland, Bahn!
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PS: Der Ersatz-Zug fuhr in Wirklichkeit natürlich doch. Nur halt woanders. Und hatte am Ende eine Stunde Verspätung. Aber, ach, der Weg ist das Ziel, nicht wahr! Dass wir deswegen dann auch noch den Anschlusszug verpasst haben und letztlich erst um halb drei Morgens angekommen sind (statt wie ursprünglich mal geplant um halb elf) war dann auch schon eher egal.
PPS: Die Nachfrage, warum man denn nicht einfach rechtzeitig eine Nachricht per eMail verschickt, wird mit einem erschreckten „Dann müssten wir ja Millionen von eMails verschicken!“ beantwortet. Äh, sicher! Millionen von eMails, die die armen Bahnbeamten ALLE von Hand schreiben müssten … schon klar! (Memo an selbst: Die Bahn braucht dringend einen neuen IT-Chef. Bewerbung hinschicken! Aber besser per Post und reitendem Boten, und nicht per eMail.)
PPPS: Aber andererseits, ohne den ganzen Ärger wäre uns folgende nette Szene entgangen: Kleines Mädchen in der Bahn (Emilie, 3 Jahre): Fragt Frau gegenüber Löcher in den Bauch, sie antwortet geduldig und fragt irgendwann sehr freundlich „Wie alt bist Du denn?“ – „3 Jahre. Und wie alt bist Du?“ (alle lachen) Tja, hätte sie besser mal nicht gefragt … nach längerem Zögern (und verhaltenem Lachen im halben Abteil) bietet sie an „Das fragt man eine Frau ja eigentlich nicht. Aber ich flüster‘ es dir in’s Ohr: (Tuschel tuschel)“ Worauf Emilie in wagenfüllender Lautstärke zurückfragt: „Waaas? ßweiunnfüffzich?“ (Was zwar augenscheinlich nicht stimmte, aber der Wagen hat sich jedenfalls gefreut!)
Noch ein Nachtrag:
Auf dem Rückweg ist dann natürlich auch noch der ICE ausgefallen, und der nächste Zug war dann, sagen wir mal, „gut gefüllt“:
Und dass dann in Berlin auch noch die S-Bahn unterbrochen war, das haben wir dann einfach mal ignoriert. Uns schreckt nichts mehr!
An diesem Wochenende ist Inka ja in Italien. Mit dem Flieger. Ich bin nächste Woche in Hamburg. Mit dem Bus. Und in zwei Wochen sind wir dann in Schweden. Mit dem Auto und per Schiff.
Deutsche Bahn, wir und Du, wir brauchen mal eine Auszeit voneinander. Aber wir können ja trotzdem irgendwie Freunde bleiben, ja?
Hausmeister dieses Blogs: Kümmert sich um verstopfte Internetleitungen, quietschende Datenbanken, klemmende Passwörter. Und gelegentlich schreibt er dann auch mal was darüber.