Eigentlich sollte hier jetzt ein Artikel mit meinen Gedanken zum Israel-Gaza-Krieg erscheinen.
Eigentlich.
Er ist fertig geschrieben, die Bilder sind eingefügt, ich müsste nur noch auf „veröffentlichen“ klicken. Aber etwas hält mich zurück. Sicher ist es auch, weil ich mir irgendwie auch ein bisschen blöd vorkomme, als wenig-politisch-Bloggende, jetzt auf einmal mit dem Finger auf andere Orte dieser Welt zu zeigen. „Guckt mal, was Ihr alles falsch macht.“ Fang doch erstmal bei Dir selber und in Deinem Land an.
Ja, da ist was dran. Eigentlich ist der Grund aber, dass ich wütend bin. Tierisch wütend. Dass ich mich geschlagene zwei Wochen mit diesem Artikel befasst und jeden Satz nicht drei- sondern fünfmal umgedreht habe, damit ich mich nur ja richtig ausdrücke. Bloß nichts Missverständliches, es könnte ja einen Shitstorm auslösen.
Ich bin wütend, weil ich mir Gedanken um einen Shitstorm mache, noch bevor er passiert ist und darüber Magenschmerzen habe. Wütend, weil ich überlegt habe, ob ich den Artikel veröffentlichen kann, wegen meiner Sicherheit, weil hier ja meine Adresse im Impressum steht. Wütend über all die verschissenen Schwarz-Weiß-Denker da draußen, deren Debatten ich mir reingezogen habe. Wütend, dass zum Beispiel das MiGAZIN, ein „Fachjournal“, was die „Kommunikation von MigrantInnen in der Aufnahmegesellschaft fördern und sensibilisieren“ möchte und 2012 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet wurde, dass sich auch ein solches Magazin nicht zu schade ist, grassierendes schwarz-weiß-Denken nicht nur zu fördern sondern zu fordern, frei nach dem Motto: Bist Du nicht für uns, bist Du gegen uns, und das Netteste, was ich noch tun kann, ist, Dich einfach aus meiner Facebook-Liste zu schmeißen. Wehe dem, der versucht, zu vermitteln.
Ich habe keinen Bock mehr auf irgendwelche antisemitischen Sprüche, auf das „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“, genausowenig, wie ich mich weiter mit Islamhass beschäftigen will. Ich habe keinen Bock mehr zu diskutieren und mir Diskussionen reinzuziehen von Leuten, die offensichtlcih kein Interesse daran haben, dass das irgendwann mal mit dem Miteinander klappt. Ich habe keinen Bock, mir von solchen Leuten meine Gedanken madig reden zu lassen oder mir erzählen lassen zu müssen, dass ich selbstgerecht, rassistisch und/oder rechts sei, weil ich es wage, beide Seiten eines Konfliktes zu betrachten, der seit gefühlten Ewigkeiten von der Menschheit nicht gelöst werden kann. Ich habe keinen Bock auf eine entpolitisierte Gesellschaft, die das Diskutieren verlernt hat und nur noch Eierkuchen oder Hass zu kennen scheint. Ja, ich übertreibe völlig. Ich bin auch völlig sauer.
Die depressive Phase hatte ich zuerst, als ich die ersten Toten in meiner Twittertimeline sah. Jetzt bin ich tierisch wütend. Und morgen habe ich das alles akzeptiert und sage:
Fuck you world, I am going to wonderland!
Ihr findet mich für die nächsten Wochen im Schwedischen Nimmerland. In der Hoffnung, dass ich da ein paar Wunder finde oder wenigstens von einem Elch geknutscht werde, damit ich meine friedliche Hippie-Mitte wieder finde.
Machts fein und stellt das Radio bloß rechtzeitig wieder aus
/inka