Man könnte fast meinen, die Sowjets hätten kurz hinter West-Berlin einen ihrer Panzer vergessen. Heute erzähle ich Euch die Geschichte von einem meiner Lieblings-Denkmäler knapp hinter Berlin in Kleinmachnow: dem Rosa Panzerdenkmal.
Und ja, falls Euch hier etwas bekannt vorkommt: Das ist zufällig genau das Eck, in der man die „Löwin von Kleinmachnow“ vermutet hat. Diesen Bericht habe ich allerdings vorher geschrieben. :)
Erinnerungen
Anfang der 90er Jahre ging es im UN-Ausschuss für Angola heiß her, so heiß, dass man bei Genehmigungen für „Landwirtschaftliche Maschinen“ in das vom Bürgerkrieg gebeutelte Gebiet auch mal übersah, dass Schneepflüge vermutlich eher selten im südafrikanischen Staat benötigt wurden, und so landete der ein oder andere Panzer ohne UN-Mandat im Krieg, den die beiden Großmächte USA und Sowjetunion für sich zu entscheiden versuchten.
Diese Geschichte, die mir einst während einer Forschungsarbeit zu Angola-Namibia-DDR-Beziehungen erzählt wurde und über deren Wahrheitsgehalt ich nicht die leiseste Ahnung habe, fällt mir immer ein, wenn ich heute mit dem Fahrrad die Brücke über die A115 überquere und das rosafarbene Panzerdenkmal am ehemaligen Grenzübergang Dreilinden sehe. Nur wurde hier umgekehrt ein Panzer zum friedlichen Schneelader.
An den echten Panzer zu DDR-Zeiten, der an dieser Stelle stand, kann ich mich noch gut erinnern. Als Wessi-Kind fuhr ich häufig nach West-Berlin, weil dort meine besten Freundinnen lebten. In meiner Erinnerung fühlt sich die Grenzüberquerung mit meinen Eltern ungefähr so an wie im Film „Sonnenallee“, in dem sich Wessis bei der Grenzkontrolle fast in die Hose machen und einer der Hauptdarsteller „Hunger, Hunger“ schreiend hinter den Touristen herläuft und sich dabei über die unwissenden Besucher:innen lustig macht, während diese betroffen über die DDR-Opfer herziehen. Herrliche Szene.
So lustig wie im Film und meiner Erinnerung war die Situation allerdings sicher nicht, und ohnehin war die Zeit des Kalten Krieges und der Teilung Deutschlands eher skurril und meistens tatsächlich gruselig. Eine dieser gruseligen Momente war die Fahrt auf der A115 vorbei am Sowjet-Panzer, der kurz vor „Checkpoint Bravo“ bei Dreilinden extra sichtbar auf einen Sockel gestellt worden war und dessen Kanonenrohr drohend gen Westen zeigte, was mir meine Eltern damals auch ausführlich erklärten. Ein echter Panzer mit einem echten Kanonenrohr. Als Wolfsburger Kind, das nahe der Grenze lebte und den samstäglichen Test-Luftalarm kannte, fühlte sich ein solches Ding tatsächlich ziemlich bedrohlich an. Der Moment, als ich diesen Panzer das erste Mal bewusst wahrnahm, ist daher ein Schlüsselerlebnis für mein Verständnis des Kalten Krieges.
Das Rosa Panzerdenkmal
Heute steht an der Stelle des sowjetischen Panzers das „Rosa Panzerdenkmal“. Irrtümlicherweise wird von einigen angenommen, dass das Ding nach der Wende einfach rosa angesprüht wurde, um die Bedeutung umzukehren, ganz nach dem Vorbild des rosa angemalten Panzers auf dem Prager Kinsky-Platz. Dass der tschechische Panzer ein Vorbild war, ist korrekt. Der echte Panzer des Typs T 34 wurde allerdings nach der Wende von den Russen mitgenommen. 1992 installierte dann der Künstler Eckhard Haisch einen Schneelader auf dem Sockel, quietschrosa angemalt. Das Zeichen sowjetischer Machtdemonstration reformierte Haisch damit zum Friedenssymbol.
Der Schneelader Typ S-4M ist ein sowjetisches Sonderfahrzeug, das mit einem Förderband Schnee auf einen Lastwagen befördern soll. Das Förderband kann man von Weitem tatsächlich für ein Kanonenrohr halten, weshalb sich noch nicht überall herumgesprochen hat, dass das Panzerdenkmal eigentlich ein Schneelader ist. 1993 wurde die Kunstinstallation unter Denkmalschutz gestellt.
Restaurierung des Denkmals
Nachdem man 2011 in Kleinmachnow länger um den historischen Wert eines rosa angestrichenen Schneeladers gerungen hatte – so mancher Lokalpolitiker hatte für das Kunstwerk nichts übrig – wurde das mittlerweile recht verschrabbelte Denkmal insbesondere durch den Einsatz der Kleinmachnower Gemeinde restauriert.
Ein toller Einsatz für ein sehr gelungenes Denkmal und Friedenssymbol. Ich finde, unsere Welt hat heute viel noch mehr von diesen Symbolen nötig.
Hinkommen
Den Standort findet man einfach mit der Eingabe „Panzerdenkmal“ bei Google Maps.
Den Besuch kann man gut von Zehlendorf kommend mit einem Spaziergang an der alten Stammbahn entlang verbinden. Dafür entweder vom S-Bahnhof Zehlendorf mit dem Fahrrad fahren oder den Bus 115 bis Haltestelle Neuruppiner Straße fahren, dann die alte Stammbahnstrecke entlang laufen (parallel rechter Hand der Straße „Zur Stammbahn“). An der A115 angekommen nach links wenden und an der Lärmschutzwand entlang bis zum Panzer laufen.
Oder vom S-Bahnhof Wannsee durch den Wald bis zum Königsweg laufen, die A115 überqueren und nach rechts wenden.
Das Panzerdenkmal ist einer von 80 Orten in meinem neuen Buch „Lieblingsplätze rund um Berlin“. Gibt’s in jedem Buchladen und auf Amazon. |
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Seit 15 Jahren ist Inka Redakteurin, Reisebloggerin und Autorin in Berlin und Brandenburg. Sie hat mehrere Reiseführer über die Region geschrieben und veröffentlicht ihre Tipps und Geschichten im Spiegel, Tagesspiegel und verschiedenen Magazinen. Außerdem Möchtegernentdeckerin, Liebhaberin der polaren Gebiete unserer Erde und abschweifend in der Welt. Hier Chefin vom Dienst.