Die Eingeborenen sammeln sich zu einer „Schnaps-LaOla“. Foto: Caro
Meine „kleine“ Cousine wurde 30 und zur Party musste ich natürlich aufschlagen. Ich glaube, sie ist gefühlt ähnlich lange in Bremen wie ich in Berlin, beide sind wir mittlerweile mit unseren Städten relativ verwurzelt.
Ich mag den Norden, war bisher allerdings meist im Nordosten unterwegs, was ja im Gegensatz zum Nordwesten sich nicht nur anfühlt wie ein anderes Land, sondern es auch bis vor rund 20 Jahren war. An Bremen hatte ich nicht viel Erinnerung, und auch diesmal sollten weniger meine Stadtkenntnisse denn Bremer Kulturlandeskunde vertieft werden.
Der erste Groschen fiel, als die Gäste, und zwar jede/r einzelne diese seltsamen Schnapsgläser an Bändern auspackten. Beim Schrottwichteln hatte ich so ein Ding gewonnen und mich damals gefragt, warum um Himmels Willen jemand ein Schnapsglas an einen Messeausweis-Halsband hängt. Es war damals sofort in den Müll gewandert.
Meine Cousine hatte zwar im Vorhinein etwas von „Schnapsgläser um den Hals nicht vergessen“ erwähnt, aber – um ehrlich zu sein – habe ich das für einen Witz gehalten. Wer an dieser Stelle wie ich nicht überzeugt ist, dass das in einigen Teilen unseres Landes eine tiefverwurzelte Tradition ist: einfach mal nach Schnapsglas am Band googeln.
Taschentücher? Ganz logisch: Um es nach jedem „Sauren“ ins Glas zu stopfen, damit es nicht dröppelt. Wer sich nicht als Anfänger outen will, sollte also definitiv ein Taschentuch ins Glas gestopft haben.
Zu 40 Leuten wanderten wir also um den Werdersee, bei jeder 2. Ecke hieß es „Nicht lang schnacken, Kopp in Nacken“ und ab gings mit dem erwähnten „Sauren“ (der selbstgemachte war echt lecker), „Mexikaner“ (die fiese Variante von Bloody Mary), Dooleys, Sekt und Bier und SchnapsLaOla auf der Brücke.
Dazu gehörte dann natürlich auch ein blinkender, tutender, klingelnder, mit Musik und Lautsprechern ausgestatteter Bollerwagen in Form einer hübsch dekorierten Mülltonne.
Wer sich jetzt immer noch nichts darunter vorstellen kann: Einfach mal nach Bremen fahren, am Werdersee langlaufen und Feldforschung betreiben – wir haben mindestens 3 andere Gruppen desselben Genres getroffen.
Entweder ist Berlin eine Insel, Bremen speziell oder ich habe bisher ein Scheuklappendasein gelebt.
Das schrille Outfit meiner süßen verrückten Cousine ist übrigens ihrer Hello-Kitty-Vorliebe und ihren Freundinnen zu verdanken.
Analog dazu bekam sie von mir den Roman Hello Kitty muss sterben geschenkt.
Am Abend dann, als auf der Tanzfläche vom „Abreißen der Hütten“ und „Lasso rausholen“ die Rede war, fragte ich mich, was aus „Krieg den Palästen“ geworden war und ob ich musikalisch bisher auf dem Mond gelebt hatte: Mir wollte niemand so recht glauben, dass ich keine einzige dieser musikalischen Darbietungen kannte.
Erst gegen 1 Uhr vernahm ich Vertrautes: Metallica, Beastie Boys, AC/DC, Rocky Horror Picture Show und co. ließen Grüßen.
Danke! Ich war rehabilitiert! Jedenfalls ein kleines bisschen…
Und Danke Caro: Deine Party war wunderbar! :-)