Heyhey von den Falklandinseln!
Hunderte Fragen zu meiner Antarktisreise haben mich erreicht. Da wir heute nicht anlanden können sondern vor den Falklandinseln bei Windstärke 10 festhängen, habe ich die Zeit genutzt und die Antarktis-Einsteigerkunde Teil II mit meinen wichtigsten 12 Fakten zur Antarktis geschrieben.
Hier ist also nun die
Kleine Antarktis-Einsteigerkunde Teil II
polar ≠ arktisch
Häufig wird das Wort „polar“ mit „arktisch“ verwechselt oder als Synonym gebraucht. Das ist falsch und führt wiederum dazu, dass mich viele Leute zu meiner „Arktisreise“ beglückwünscht haben, was genauso falsch ist.
In Kürze:
Die Arktis liegt im Norden, im Süden liegt die Antarktis, was „Gegen-Arktis“ bedeutet.
Die Arktis war schon immer (oder jedenfalls schon sehr lange) bevölkert und teilt sich politisch auf Russland, Kanada, USA, Grönland (Dänemark), Norwegen, Schweden und Finnland und ein kleines bisschen Island auf. Schweden und Finnland kann man zu Recht allerdings in Frage stellen, weil die Arktis eigentlich nicht das Gebiet nördlich des Polarkreises bezeichnet sondern eher nach Süden hin vom nördlichen Zirkumpolarstrom begrenzt wird – aber das nur nebenbei.
Die Antarktis gehört politisch niemandem und war noch nie bevölkert. Genaueres regelt der Antarktisvertrag (s.u.).
Und nicht zu vergessen: Eisbär und Pinguin treffen sich nie, weil… genau: weil der Pinguin im Südpolarmeer und der Eisbär im Nordpolarmeer wohnt.
Inka, wieso sprichst Du mal von „Antarktis“ und mal von „Antarctica“?
Antarctica ist der Kontinent selbst, die Antarktis das Gebiet des Kontinents und der Meeresgebiete, also des Süd-Polarmeeres. Politisch gesehen ist alles südlich 60° südlicher Breite die Antarktis, was der Antarktisvertrag regelt. Geografisch gesehen ist alles innerhalb der Antarktischen Konvergenz die Antarktis.
Antarktische Konverwhat?
Die Antarktische Konvergenz ist ein Zirkumpolarstrom, der Antarctica umkreist und in dem das kalte Wasser der Antarktis auf das warme Wasser aus dem Norden trifft. Kommt man aus dem Norden, wird die Luft hier merklich kühler. Die Antarktische Konvergenz wabert irgendwo zwischen dem 45° Breitengrad und dem 57° Breitengrad. Die Falklandinseln liegen nicht südlich der antarktischen Konvergenz, gehören also genauso wenig wie Feuerland zur Antarktis. Südgeorgien dagegen liegt innerhalb der Konvergenz, also in der Antarktis.
Wie kommt man da hin?
Am besten einfach so weit nach Süden wie geht.
Die typische Touristensaison im Antarktischen Sommer geht von November bis Februar. In der Regel fährt man mit dem Schiff, meistens von Ushuaia aus, das am Südzipfel Südamerikas in Feuerland liegt. Es gibt aber auch Touren von Neuseeland, vor allem, wenn es zur Ost-Antarktis oder ins Innenland gehen soll, oder auch von Australien. Die „normalen Touritouren“ starten aber meistens von Südamerika und besichtigen lediglich diesen kleinen Zipfel von Antarctica, die Antarktische Halbinsel.
Man kann übrigens auch Segeltouren machen. Wer unbedingt möchte… der hat allerdings entweder einen ordentlichen Seemannsbart oder weiß noch nicht, was die Drake Passage ist.
Was ist die Drake Passage?
Die Drake Passage ist die gefürchtete Seepassage zwischen Südamerika und der Antarktischen Halbinsel, benannt nach Francis Drake, der sie entdeckte. Wer die fahren möchte, sollte sogar auf den piekefeinsten Touristenschiffen ordentlich seefest sein, Stürme sind hier die Regel, 6-10 Meter Wellen keine Seltenheit.
Wie läuft so eine Reise ab?
Man bezieht seine Kabine, freut sich erst einmal auf 1- 1,5 Seetage, versucht, das Essen bei sich zu behalten, sagt dem Expeditionsteam hallo und hört sich verschiedene Vorträge an, die von Geologen, Biologen, Geschichts- und Meeresforschern gehalten werden. Das ist übrigens für mich fast genauso genial wie die Reise selbst, zwischen all diesen polarbegeisterten Menschen, denen ich meine sämtlichen dummen Fragen stellen kann.
Angelandet wird, da keine Anlegestege für so große Schiffe existieren, mit den Zodiacs, den genialen polarerprobten Schlauchbooten, die alleine den Trip schon wert sind. Auf der Seite Route der Reise erfahrt Ihr mehr zu den einzelnen Zielgebieten.
Anlandungen dauern in der Regel nicht sonderlich lange, denn es dürfen immer nur 100 Leute an Land sein – das besagen die Regeln des IAATO (s.u. „Umweltschutz“). Auf diese Weise wird Insel für Insel und Antarktische Halbinsel erkundet, wenn es denn die Antarktis zulässt, denn: Die Antarktis ist kein Gebiet des Wollens, sondern des Dürfens. Bei keiner Antarktisreise klappen alle Anlandungen, denn Stürme sind hier normal, und bei Sturm geht man nicht ins Zodiac.
Um keine fremden Organismen einzuschleppen, werden Klamotten und vor allem die Stiefel gereinigt. Man geht an Land, sagt den Pinguinen guten Tag und fährt im Zodiac wieder zurück und macht wieder die Stiefel sauber.
Anschließend setzt man sich ans feiste Buffet, schlemmt herum und fragt sich ein bisschen, wie sich in nur hundert Jahren die „Expeditionsreisen“ im Vergleich zu denen von Shackleton, Amundsen und Scott so ändern konnten.
Wie viele Touristen fahren jedes Jahr in die Antarktis?
Während die Anzahl von Touristen in der Antarktis in den 90er Jahren bei nur etwa 6.000 bis 10.000 pro Jahr lag, liegt sie heute trotz der ziemlich hohen Kosten bei 36.000 Touristen pro Jahr, zusätzlich zu den wissenschaftlich Arbeitenden in ca. 85 Forschungsstationen, die alleine etwa 10.000 – 15.000 Menschen ausmachen.
Die Anzahl der Touristen ist seit 2007 relativ konstant geblieben bis auf einen Einbruch in der Saison 2011/2012 auf ca. 25.000, was am Schwerölverbot für Schiffsfahrten in die Antarktis lag. Infolgedessen fahren einige Schiffe dort nicht mehr hin, was umwelttechnisch natürlich zu begrüßen ist.
Was ist der Antarktisvertrag?
Der Antarktisvertrag von 1959, dem sich mittlerweile 52 Staaten angeschlossen haben, regelt die Rechte (in) der Antarktis. Die Staaten mit Gebietsansprüchen (Argentinien, Chile, Neuseeland, Australien, Frankreich, Großbritannien, Norwegen) verpflichten sich darin, diese ruhen zu lassen. Der Vertrag regelt außerdem die ausschließlich friedliche Nutzung und die internationale Zusammenarbeit bei der wissenschaftlichen Forschung. Seit 1991 gibt es ein zugehöriges Umweltschutz-Protokoll (AUG), das Regeln für das Verhalten von Antarktis-Besuchern zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichtes erhält – quasi ein Traumvertrag für Umwelt und internationalen Frieden und beispiellos auf unserem Planeten.
Wer kümmert sich um den Umweltschutz der Antarktis?
Das regelt sowohl der Antarktisvertrag (s.o.) wie auch der der IAATO, die International Association of Antarctica Tour Operators, eine internationale Vereinigung von Reiseunternehmen, die in der Antarktis operieren. Sehr detailliert setzt der IAATO Regeln zum Schutz der Umwelt und zum Verhalten der Touristen vor Ort fest, z.B. in welchem Umfang Anlandungen gestattet sind, wie viele Touristen auf einmal anlanden dürfen, dass keine Schiffe mit Schweröl das Antarktisgebiet befahren dürfen und dass nichts in die Antarktis ein- oder ausgeführt werden darf.
Wer in die Antarktis fahren möchte, sollte daher unbedingt ein Reiseunternehmen wählen, was Mitglied im IAATO ist, damit wird der Umweltschutz unterstützt.
Jemand fragte, wie ich sicherstelle, dass ich keinen Müll in der Antarktis hinterlasse. Nun, es ist natürlich schlicht kein Müll erlaubt. Wer länger als die geplanten Anlandungen in der Antarktis sein möchte, benötigt eine Sondergenehmigung vom Umweltbundesamt. Wer wie ich eine Expeditions-Schiffsreise macht, darf sich ohnehin jeweils nur kurz an Land aufhalten. Wer Hunger hat oder Pipi muss, muss einfach mal aushalten. Der Müll an Bord wird selbstverständlich mitgenommen und nicht vor Ort entsorgt.
Unsere Drohne durften wir übrigens aus diesen Gründen auch leider nicht mit in die Antarktis nehmen.
Übrigens ist auch sehr genau der Mindestabstand geregelt, der zu den Tieren eingehalten werden muss. Der Mindestabstand zu Pinguinen beträgt 5 Meter, 10 Meter, wenn sie brüten. Wer sich gewünscht hat, dass ich einen Pinguin knuddele und erzähle, welchen Flauschigkeits-Grad dessen Federn haben – daraus wird leider nichts. Sollte ich gegen die Regeln verstoßen, droht mir übrigens Ärgermit dem Umweltbundesamt, das sich vorbehält meine Berichterstattung zu überprüfen.
Wie fühlt sich das dort an – sehr alleine?
Nein, jedenfalls nicht an den Orten die von normalen Expeditionsschiffen angefahren werden. Es sind immer andere Touristen in der Nähe, was auch den Umweltschutzregeln des IAATO geschuldet ist, die besagen, dass man sich nicht alleine irgendwohin bewegen darf. Wenn man es mal geschafft hat, ein ruhigeres Eckchen zu ergattern, sind mit ziemlicher Sicherheit hunderte Pinguine in der Nähe, die Dich neugierig und laut schnatternd beäugen. In der Antarktis bist Du nicht alleine.
Darf man da gar nicht alleine rumlaufen?
Nein. Nie. Das hat sowohl mit dem IAATO wie mit dem Antarktisvertrag zu tun. Beide Verträge regeln den Umgang mit der Antarktis und dass keine depperten Touristen einfach so alleine da rumspazieren dürfen. Ausnahmen muss das Umweltbundesamt genehmigen. Darum hat sich z.B. der Deutsche Martin Szwed bei seinem umstrittenen Südpol-Rekord nicht gekümmert und deshalb läuft nun – zu Recht, wie ich finde – ein Verfahren gegen ihn.
Wie kalt ist es denn da so?
Kalt. Nichts für den Bade-Strand-Typ und um Gottes Willen auch nichts für Leute, die „die Antarktis bei schönem Wetter“ sehen wollen. Es sind im antarktischen Sommer aber keine Minus 10 Grad. Wenn Ihr es nicht weiter sagt: Der Antarktische Sommer ist häufig sogar wärmer als der Deutsche Winter. Die gefühlte Kälte bei Wind, der hier sehr häufig vorherrscht, kann jedoch enorm sein.
Ein guter Wintermantel ist daher völlig ausreichend, bei vielen Expeditionsfahrten bekommt man sogar einen tollen warmen Parka, der nicht nur gegen Wind und Wetter schützt sondern auch dazu da ist, uns Touristen von den Pinguinen zu unterscheiden und im richtigen Moment wieder einsammeln zu können. Hier soll ja schließlich niemand vergessen werden.
⇒ Mehr Fakten zur Antarktis erfahrt Ihr in der Antarktis-Einsteigerkunde Teil 1.