Der Altiplano ist eine Hochebene zwischen den Anden, der sich von Bolivien bis nach Peru zieht. Meine Reise zum Altiplano, ins Hochland von Bolivien, war in vieler Hinsicht atemberaubend: Nie war ich so lange auf so großer Höhe, nie habe ich vorher solche Landschaften gesehen, selten habe ich so viel Schönheit gesehen, selten bin ich durch so ein armes Land gereist. Ein Tourbericht.
Inhalt des Artikels
Grenzübertritt von Chile nach Bolivien auf dem Altiplano
Fahrt durch das Altiplano in Bolivien: Keine Straßen, nur Weite
Viele Ressourcen, kein KnowHow: Armes Bolivien
Mein Körper ist nicht ganz geschaffen für eine Reise durch das Bolivien Altiplano
Faszination Salar de Uyuni
Landschaftlicher Gegensatz im Sajama-Nationalpark
Fazit
TTT – Tierische Touri-Tipps
Grenzübertritt von Chile nach Bolivien auf dem Altiplano
Durch die Reise durch Chile sind wir schon gut akklimatisiert. Frühmorgens werden wir im Niemandsland mitten in der Wüste auf Viertausendirgendwas Meter mit unseren Minibus zur Grenze gebracht.
Wir sind etwas k.o., haben wohl alle das Gefühl, eigentlich noch die letzten Eindrücke verarbeiten zu müssen. Außerdem ist der Wind kalt und die Sonne brennt: eine hier sehr übliche und recht anstrengende Mischung. Aber Christian, unser neuer Guide für Bolivien, der seit 7 Jahren als deutscher Guide in Bolivien tätig ist, weiß, wie es geht: Wir bekommen Coca-Tee und mega leckere Coca-Kekse. Aha, meinen Magen hat er schonmal für sich eingenommen.
An der Grenze gibt es die üblichen Chile-Ausreise-Bolivien-Einreise-Prozedere, die etwas nerven, wir können also noch ein bisschen rumknipsen, und ich bin ganz angetan vom verlassenen Wüstenbus, der mich stark an „Into the Wild“ erinnert.
Fahrt durch das Altiplano in Bolivien: Keine Straßen, nur Weite
Zu meinem Entzücken werden wir in Land Cruiser umgeladen und ich will schreien „Boah, das ist so cool!“ Es ist hier allerdings einfach nur praktisch, denn die „Straßen“, die wir in den nächsten 6 Tagen fahren, sind ohne Land Cruiser einfach nicht zu bewältigen.
Der Mann und ich landen wunderbarerweise nicht nur beim weltbesten Fahrer Jesus (wie Rhesus ausgesprochen), sondern Christian, der Guide, fährt ebenfalls bei uns mit. Dabei stellt sich heraus, dass er nicht nur gut informiert ist, sondern auch ein ziemlich guter Geschichtenerzähler. Dass er geduldig und ausführlich meine hunderttausend Fragen am laufenden Band beantwortet, finde ich dann außerdem sehr praktisch.
Bolivien ist ein krasser Gegensatz zu Chile. Auf den ersten Augenschein sieht es auf dem Altiplano, dem Hochplateau, ähnlich aus: Wüste und Lagunen, Flamingos, Lamas, Vicunas.
Als wir aber die ersten Dörfer erreichen, ist der Unterschied offensichtlich: Chile ist relativ reich, Bolivien Entwicklungsland mit weit verbreiteter Armut. Trotzdem wir häufig nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt sind, ist der Lebensstandard sehr niedrig.
Viele Ressourcen, kein KnowHow: Armes Bolivien
Ich nenne mal zwei Sachen, die mir im Kopf geblieben sind: Bolivien verfügt zwar über viele Rohstoffe, z.B. Silber, Borax, Erdgas und Lithium, ist aber nicht in der Lage, diese weiter zu verwerten und verkauft zumeist die unverarbeiteten Rohstoffe ins Ausland. Der große Gewinn bleibt daher aus.
Erdöl wird nicht gefördert, Benzin und Diesel müssen also importiert werden. Das Ergebnis: Strikte Rationierung und lange Schlangen vor den häufig leeren Tankstellen. Der ein oder andere Tanklaster, der das Zeug zu den Tankstellen liefern soll, fährt anscheinend mitunter am Bestimmungsort vorbei rüber nach Chile…
Unser Guide meistert diese Unwägbarkeiten, die natürlich auch sein Unternehmen betreffen, mit souveräner Leichtigkeit, wie es scheint. Ich merke, dass mir die deutsche Vorhersehbarkeit des Alltäglichen dann doch irgendwie ziemlich genehm ist und stelle mir seinen Job ziemlich anstrengend vor. Natürlich ist für einen abenteuergierigen Urlauber wie mich das erstmal Schlaraffenland – umso wichtiger, dass da jemand einem den Kopf gerade rückt, dass die „Abenteuer“ für die Einwohner schlicht Anstrengungen sind und das eigene Fortkommen behindern.
Die Landschaft hier auf über 4000 Meter ist karg, aber faszinierend. Ich sehe das erste Mal Windhosen – und davon jede Menge und sehr nah.
An vielen Stellen kann man sehen, wieviele unterschiedliche Mineralien im Wasser und der Erde enthalten sind. Das macht hier oben häufig die faszinierenden verschiedenen Farbtöne der Lagunen aus.
Es gibt irre Wolkenformationen. Und an einem Bahnübergang kommt doch tatsächlich ein Zug vorbei! (Das passiert hier, öh, nicht so oft; der Fahrer schläft übrigens.)
Mein Körper ist nicht ganz für diese Höhe geschaffen
Auf 4900 Meter macht mein Körper dann schlapp, trotz der Akklimatisierung der letzten Tage. Ich bekomme heftige Kopfschmerzen und Herzrasen, was unangenehm ist und mich verunsichert. Patricia, unsere einheimische Köchin, beruhigt mich, fühlt mir den Puls, gibt mir nochmal einen Tee zu trinken, der in Deutschland ganz sicher unters Drogenschutzgesetz fällt, und sagt mir nach einer halben Stunde, dass es mir besser geht. Ok.
Neben dem berühmten Steinbaum klappe ich ein bisschen zusammen, ein Foto kann ich aber dennoch machen.
Jesus, unser Fahrer, ist so nett, und stellt den Land Cruiser immer so ab, dass ich aus dem Auto heraus die Lagunen bestaunen darf, die die anderen fotografisch genauer unter die Lupe nehmen. Die berühmte Laguna Colorada mit ihrer irren roten Färbung entgeht mir leider fotografisch dennoch.
Am nächsten Morgen geht es mir wieder gut, was aber auch an der magischen 4500 Meter-Grenze liegt, auf der wir übernachtet haben. Das ist jedenfalls bis zum Schluss dieser Reise meine persönliche Wohlfühl-Grenze, erst darüber wird es heikel.
Es gibt wenig Grünes. Da, wo ein bisschen Wasser ist, was dann eher als Quelle aus dem Boden kommt, wachsen kleine Büsche und lustige Moose. Wir sind hier in einer der trockensten Regionen der Erde.
Dieses Moos ist nicht auf Stein gewachsen sondern wächst tatsächlich in dieser Kugelform und wird steinhart. Das hier ist vermutlich viele, viele Jahre alt.
Habe ich erwähnt, wie unglaublich trocken es ist?
Mittagessen gibt es – am morgen frisch von Patricia gekocht – immer aus dem Land Cruiser heraus.
Quinoa-Samen sind meine neueste Lieblingsspeise. Sieht aus wie Hirse, schmeckt nur besser und ist megamäßig gesund. Salat ist sogar auch immer dabei, was sonst eher eine Seltenheit ist und in Chile leider recht unüblich. Außerdem natürlich Lama und Huhn und Rind. Meistens gibt es dazu Kartoffeln und Reis. Und Nachtisch nicht zu vergessen! Wir werden also fürstlich bekocht.
Faszination Salar de Uyuni
Am 3. Tag folgt dann mein absoluter Traum: Der Salar de Uyuni. Hier habe ich ja schon ein paar Fotos gezeigt, leider kann man die unglaubliche Schönheit überhaupt nicht einfangen. Aber Quatschfotos, die gehen natürlich immer.
Der Salzsee ist besonders großartig, nachdem es geregnet hat und die Sonne wieder herauskommt: Dann spiegeln sich der Himmel und die Wolken im See. Wir konnten dieses Schauspiel leider nicht erleben (tsss, immer nur Sonnenschein), aber googelt mal nach Bildern. Für mich wäre alleine das eine erneute Reise nach Bolivien wert.
Der Salar liegt auf 3700 Meter und hieß früher „Salar de Tunupa“, nach dem Vulkan Tunupa, der wunderhübsch ist und fast von überall zu sehen. Hab ich erwähnt, dass man hier oben bis zu 100 Kilometer weit schauen kann, weil die Luft so klar ist? Der Wahnsinn.
Auf dem See existieren verschiedene „Inseln“, also Erhebungen, von denen Incahuasi (Haus des Inca, ja logisch, schreiben sie wieder falsch) besonders bei den Touristen beliebt ist.
In und um Uyuni übernachten wir in Salzhotels. Eines hat es mir besonders angetan, ganz ehrlich, da wäre ich eine ganze Woche geblieben.
Am Rande des Sees gibt es einen Zugfriedhof, den wir natürlich mal fotografisch unter die Lupe nehmen mussten.
Nach 2 Tagen Salar de Uyuni nehmen wir Abschied, was mir mal wieder sehr schwer fällt. Zu kurz, kann ich nur sagen. Wer hinfährt: Plant lieber mehr Zeit ein, es ist so großartig dort.
Landschaftlicher Gegensatz im Sajama-Nationalpark
Die letzten Tage der Reise verbringen wir im Sajama-Nationalpark (gesprochen: Sachama, ch wie in Koch), besuchen heiße Quellen, baden sogar darin, fahren auf Dörfer, schauen Lamas und Alpakas beim Aufwachen zu. Hier fühle ich mich wie am Ende der Welt, tatsächlich, und es ist anders, und abends kalt, und wunderschön.
Und als ich denke, jetzt bin ich wirklich am A… der Welt und hier kommt keiner sonst hin, denk ich nanu, das ist doch der Floc vom Flocblog?
Nee, das war natürlich kein Zufall.
Der Floc hat sich tatsächlich von La Paz mit Bussen aufgemacht, um mich in einem kleinen Kaff im Sajama-Nationalpark zu treffen, und das nur für einen Kindl, ist das zu fassen! Seiner war kaputt gegangen, aus Deutschland habe ich ihm einen neuen mitgebracht.
Leider war auch da wenig Zeit, zum Klönen wir hatten immer noch ein straffes Programm. Aber war wirklich witzig, lieber Floc, Dich mal live zu treffen.
Fazit
Ich bin froh, das wunderschöne und vor allem interessante Hochland Boliviens gesehen zu haben, das ich auf diese Weise gar nicht hätte alleine bereisen können. Die Menschen scheinen ähnlich zurückhaltend freundlich wie in Chile, obwohl das in der kurzen Touri-Zeit natürlich nur ein oberflächlicher Eindruck ist. Es gibt nur wenige öffentliche Verkehrsmittel. Die wirklich einheimischen Dörfer, die tolle Landschaft, das geht alles besser mit Guide, der am Besten auch noch gerne Geschichten über das Land erzählt. Das Unternehmen unseres Guides Christian „Andean Venture“ kann ich nur wärmstens empfehlen.
Vielen Dank noch einmal ganzganz herzlich an Globetrotter bzw. das 4 Seasons Magazin, bei denen ich diesen tollen Gewinn abstauben durfte und vor allem an Zoom Expeditions, die mir dieses unglaubliche Erlebnis ermöglicht haben. Durch sorgfältige Auswahl toller Guides, einer wunderbaren Reiseroute und natürlich des Fotografen Gunther Wegner sind meine Erwartungen weit übertroffen worden und ich kann Zoom Expeditions ebenfalls nur empfehlen.
PS: Ich weiß, die Fotos sehen künstlich aus, dieses Blau… Ich schwöre – das ist so! Manchmal dunkler, manchmal heller, aber immer wie auf einem anderen Stern!
TTT – TierischeTouriTipps
kann ich natürlich dieses Mal nicht so viele geben, weil die Reise organisiert war und ich mich um nix kümmern musste. Daher nur einige Eindrücke und Hörensagen:
- Touren zum Salar de Uyuni sollte man sorgfältig wählen, es gibt viele Berichte über schlechtes Essen und betrunkene Fahrer. Grundsätzlich sollen Touren von Uyuni Dorf nicht so empfehlenswert sein, besser (und teurer) ist die Organisation von San Pedro de Atacama (Chile). Der Tipp von einer anderen Reisenden für den Salar: „Red Planet“. Es gibt außerdem Touren, die einen Besuch an verschiedenen Lagungen mit einschließen: Unbedingt empfehlenswert!
- Spanisch lernen! Englischkenntnisse sind rar.
- Sonnenbrille, Sonnenbrille, Sonnenbrille, Sonnencreme! Ok, ohne Sonnencreme verbrennt man sich „nur“ 4. Grades. Ohne Sonnenbrille, ich schwöre, seid Ihr blind!
- Es gibt neben öffentlichen Bussen auch Sammeltaxis, Collektivos, mit denen man recht gut durchs Land kommen soll – Verständigung vorausgesetzt und den Salar ausgenommen, der geht nur mit organisierter Tour.
- Wer individuell durch Bolivien reisen möchte, schaut sich am besten auf dem Flocblog um. Florian ist längere Zeit durch Südamerika und auch durch Bolivien gereist.
Seit 15 Jahren ist Inka Redakteurin, Reisebloggerin und Autorin in Berlin und Brandenburg. Sie hat mehrere Reiseführer über die Region geschrieben und veröffentlicht ihre Tipps und Geschichten im Spiegel, Tagesspiegel und verschiedenen Magazinen. Außerdem Möchtegernentdeckerin, Liebhaberin der polaren Gebiete unserer Erde und abschweifend in der Welt. Hier Chefin vom Dienst.
Dieser Beitrag wurde am 12.12.2016 aktualisiert.