Heute nach langer Zeit mal wieder eine Hörempfehlung: Lou Reed, Perfect Day
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Zur Zeit habe ich häufig dieses Bild im Kopf: Die Erdkugel, aus dem Weltall betrachtet, sie dreht und dreht sich, schnell. Auf einmal verlangsamt sich die Drehung, langsamer, und noch langsamer. Nur noch ganz langsam. Während dessen ächzt und knarrt und knatscht es, dann wird das Ächzen und Knatschen leiser, und als die Erde zum Stillstand kommt, macht es „pfffffffffft“.
So wie beim Ausatmen.
Das Bild zoomt ran, die Erde wird größer, größer, ich erkenne Kontinente und Wasser, Länder, dann Orte, Felder, Straßen. Immer näher, bis ich die Straßen von oben gut erkennen kann. Sie sind leer, kein Auto fährt, alles wirkt still. Nur vereinzelt stehen Menschen mitten auf der Straße und schauen verwirrt und verwundert nach oben: Da ist ja blauer Himmel.
Oder, wenn man es kürzer beschreiben will: Hoffnung.
Morias Untergang
Keine Hoffnung gibt es hingegen für Moria.
Es ist, wie ich neulich schon schrieb, wirklich wahnsinnig schwierig, sich jetzt noch schlimmeren Themen zuzuwenden. Doch heute führt wirklich kein Weg dran vorbei:
+++ BREAKING +++
Wasserversorgung im Camp #Moria wird nach & nach eingestellt. Die Krätze ist ausgebrochen, es gibt fast keine Medikamente. Immer weniger Menschen ist es gestattet, das Camp kurzzeitig zu verlassen. Das größte Flüchtlingslager Europas wird sich selbst überlassen. pic.twitter.com/NtMj22TZuO— MISSION LIFELINE (@SEENOTRETTUNG) March 25, 2020
In Moria sind die Helfer:innen abgezogen, nur noch sehr, sehr wenige sind vor Ort, und Wasserlieferungen bleiben somit aus. Heute berichtete der Spiegel.
Das bedeutet:
- 20.000 Menschen sind in Moria eingesperrt.
- Davon sind ein sehr großer Teil Kinder.
- Diese Menschen haben schon jetzt kaum zu essen, kaum ärztliche Versorgung, kaum sanitäre Anlagen.
- Sie werden verdursten, an Covid-19 oder anderen Krankheiten sterben.
Und die EU sieht zu.
Bitte sag mir jemand, was ich tun kann. Nichts tun ist doch wirklich keine Option.
(Und ja, dass jetzt immer noch „Perfect Day“ im Hintergrund läuft, ist tatsächlich Absicht, dramatisches Stilmittel des Gegensatzes und so.)
Ich frage mich, ob ich wirklich vorspulen wollen würde, wenn ich könnte, oder nicht eher zurück. Oder ob es nicht doch im Hier und Jetzt die beste Chance ist, etwas aus dem zu machen, wer man ist und was man tut, denn gestern war halt schon, und morgen, morgen sind vielleicht viele einfach nicht mehr da.