Ein Zelt – ein Dach – ein Heim?

Irgendwie ist das Glück derzeit in aller Munde.Mein Lieblingssender radioeins fragte neulich die Hörer nach ihrem Glück, lud mich zu meinem Glück ein, Alpakas zu streicheln und brachte ein Buch heraus. Übers Glück, nee, nicht über meine Alpakastreicheleinheiten. Die Fee fragt Menschen, was Glück ist. Christina von der Reisemeisterei fragt, was auf Reisen glücklich macht.
Über einen Antwortschniepel bin ich gestolpert, als ich über Dankbarkeit nachgedacht habe – oder war es doch letzte Woche?

Am Morgen, auf dem Weg zur Arbeit.

Ich muss ein paar Minuten von der U-Bahn laufen, habe den stickigen Tunnel hinter mir gelassen, die Sonne scheint, kühle Frühlingsluft um mich herum, ich überlege, wie die neuen Fenster heute Abend im halbfertig-ausgebauten Dachboden aussehen werden und was die Arbeiter sich mittlerweile zusammengereimt haben, denn ständig kommt ein anderes Kind aus dem Haus heraus, sie haben den Mann und mich in der Frühe wildknutschend erwischt und mitbekommen, dass mein regulärer Wohnsitz woanders ist.
Als ich anfange zu grinsen, weil ich mir vorstelle, wie sie in einer Kaffeepause über diese Hippiebude ein bisschen den Kopf schütteln, wird mir bewusst, wie unglaublich glücklich ich bin. Nicht „ok“ oder „zufrieden“, sondern glücklich, mit all den Schwierigkeiten, die es so mit sich bringt, wenn frau als Patchwork-Nichtmutti in ein Haus mit vielen Kindern kommt, die alle ihre Sorgen und Nöte haben, und von all dem, was da noch so dranhängt, was viel zu privat ist, um es hier zu teilen. Ich bin sogar ziemlich sicher, dass ich mich später an diesen Moment zurückerinnern und mir sagen werde: Was warst Du glücklich damals!

Ich bin dankbar

Ich bin dankbar, dass ich mein Leben mit einem tollen Mann und seinen Kindern teilen darf; dass ich jemanden gefunden habe, der mich nicht nur akzeptiert, sondern versteht. Bei dem ich mich selten erklären muss, und schon gar nicht dafür, dass ich viel Zeit für mich brauche und keinen Wunsch habe, Mutter zu sein. Das ist nicht selbstverständlich, das wissen andere kinderlose Frauen: In manchen Sprachen, wie z.B. im Swahili, gibt es nicht mal eine Möglichkeit zu sagen: „Ich habe keine Kinder.“ sondern es heißt: Ich habe noch keine Kinder. Ja, auch eine 80-Jährige Frau würde das so ausdrücken. Nicht selten muss ich erklären, wie ein „kinderloses“ Leben denn überhaupt glücklich machen kann.

Aber ich bin natürlich dankbar, dass ich Kindertreiben und den Alltag mit Kindern erleben darf, genauso jedoch auch darüber, dass ich mich zurückziehen und meiner Welt nachgehen kann, dass ich all meinen beknackten Ideen und Hobbies nachgehen und herumreisen kann, wenn ich Lust dazu habe.
Ich bin dankbar, dass der Mann mich mit meinen Macken, mich für kleine Dinge zu begeistern nicht auslacht, sondern lächelt. Behauptet er wenigstens charmant.

Es werde Licht.

Ich bin dankbar, dass ich mich über so viele kleine Dinge in meinem Leben freuen kann.
Ich bin dankbar und deshalb glücklich und ich glaube, dass diese beiden Gefühle eng zusammenhängen, oder anders gesagt: Ich bin dankbar, weil ich glücklich und mir dessen bewusst bin.

In der Relation liegt viel Dankbarkeit.

Ich denke nicht, dass der Gedanke alleine hilft, sich bewusst zu machen, dass 95% der Menschen der Welt ärmer leben als man selbst, aber es rückt die eigenen Chancen und Möglichkeiten und damit die Motivation häufig genug in ein positiveres Licht. Wenn ich nicht im Flüchtlingsboot sitzen oder um die Reinheit meines Wassers fürchten muss, kann ich die Zeit nutzen, an meinen Zukunftschancen zu modellieren. Reisen hilft dabei, sich selbst wieder in diese Relation zu setzen.
Auf Reisen bin ich glücklich, wenn ich eine schöne Geschichte mit nach Hause nehmen kann, eine Geschichte voller neuer Erfahrungen, denn ich möchte nicht im Alltag verkrusten.

Ich brauche Reisen nicht „wie die Luft zum atmen“, aber ich glaube, Reisen machen mich zu einem glücklicheren Menschen, und zwar nicht nur während einer Reise, sondern auch zu Hause, denn Glück ist vor allem da, wo die Dinge zwischendurch passieren. Glück ist, wo die Liebe zum Leben ist.

Mein Gott, was für ein grandios schöner Kitsch.

Weil sich Dankbarkeit und Glück für mich nicht trennen lassen, passt dieser Text zur Blogparade von Christina „Was macht Dich glücklich auf Reisen“ sowie auch zum allerallerletzten „Beauty is where you find it“ Post der schwer geschätzten Frau Pimpi mit dem Thema „Wofür ich im März dankbar bin“. Ein Knallerkitschthema, wie das so sein muss mit den Pauken und Trompeten, wenn eine Ära zu Ende geht. Danke. :)