Patagonien & Feuerland, Südamerika

Seit einigen Wochen toure ich nun schon durch Südamerika, Patagonien und Feuerland, stets komme ich dabei im Hostel unter. Ein Hostel, das ist eine kleine Microwelt für sich. „Man“ ist Traveller, irgendwie cool, lässig selbstverständlich und tolerant, weil man sich die Zimmer teilt (und manchmal auch die Betten). Vorgeplänkel ist nicht mehr nötig, in den Gesprächen kommt man gleich zur Sache. Nach Namen fragt man irgendwann nicht mehr, die hat man im nächsten Hostel ohnehin wieder vergessen.

Hostelgespräche

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„You guys are from Israel?“
„Yes, yes we are.“
„So where are you heading next?“
„Oh. We started in Equador 5 month ago, then going to Peru and Bolivia and now Chile and Argentina. We nearly finish.“
„Wow, that’s a long trip.“

„Everybody from Israel does it.“
„Everybody does it? How? How can you afford it?“
„We worked very hard. And we finished military. Then afterwards everybody is going for a big travel.“
„Hm. Ok.“

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„Und woher kommt Ihr?“
„Aus Oberösterreich.“
„Ah, achso, ja, Österreich hab ich schon rausgehört, aber seid Ihr unten oder oben gestartet?“
„Achso. Wir waren in Buenos Aires und sind hier nach Ushuaia geflogen. Jetzt starten wir hier.“
„Ah. Ihr seid auch länger unterwegs dann, was?“
„Ja, wir wollen nach Kolumbien mit dem Fahrrad fahren.“
„Nach Kolumbien? Mit dem Fahrrad? Wow! Wie lange habt Ihr Euch dafür gegeben?“
„So etwa ein Jahr. Aber beim Flug ist eine Stange gebrochen, jetzt sitzen wir hier erstmal fest und warten auf die Ersatzteile von unserem Fahrradhändler.“

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„So where are you from?“
„I am from Alabama, but I live in Santiago now.“
„Oh thanks, man, now I got this song giving me a headache.“
„Which song?“

(Ich singe:) „I-I come from A-labama with my banjo on my knee…“
(Misstrauischer Blick meines Gegenübers, ob ich noch ganz richtig im Kopf bin:) „For God’s sake, that’s the wrong one!“
„What?“

(Räuspert sich und schmettert:) „Sweet home, Alabama!“
„Oh, that’s right, sorry. I was SO wrong! Thanks, that’s a better pain in my brain now.“
„I thought you are from Germany!“
„Well I am.“
„Only the Austrians are singing that shit, man. ‚I come from Alabama‘, huh.“ (kichert) „Ok, I really have to take my first shower since three days right now!“
„Since three days? So you have been in the Torres del Paine
just for three days?“
„Yes.“
„Oh, you just did the W?“
(Anm. d. Red.: Das „W“ ist die „kleine“ Trekkingtour durch den Nationalpark.)
„No, I did the whole circuit.“
„You are telling me you did the circuit in three days?“
(Anm.: Das ist die Tour, die ich in 9 Tagen gemacht habe, ca. 120 Kilometer!)
„Yes.“
„No.“
„Yes.“
„I don’t believe you.“
„Why?“
„Why should somebody do that?“
„Well, because.“

(Ich fange an, tierisch zu kichern:) „But then you did not see anything because you had to hurry the whole time. You are supposed to ENJOY a trek. You are weird, man.“
(Das Gespräch endet mit der sich scheckig lachenden Inka und dem, uhm, etwas beleidigtem Ami. Nunja. Nicht alle Gespräche laufen gut.)

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„Wo kommst Du her?“
„Aus Ushuaia.“
„Und machst Du noch den Torres oder warst Du schon?“
„Naa.“
(Bitte einen Schweizer Akzent dazudenken.) „Ich mach den gar nicht, ich ruhe mich hier erst einmal aus und laufe dann weiter.“
„Läufst dann weiter?“
„Ja, ich laufe die Ruta 40.“
„Du LÄUFST die Ruta 40? Also: GEHEN?“
„Ja.“
„Durch die ganze Pampa??“
„Ja.“

„Und wie ist das?“
„Das ist schon anstrengender, als ich gedacht habe. Und da sind auch so wenig Ausweichmöglichkeiten zum Schlafen am Abend. Immer am Zaun entlang. Deshalb muss ich mich immer ein paar Tage ausruhen.“
„Du bist von Ushuaia aus bis Puerto Natales echt gelaufen?“
„Ja.“
„Und bis wohin willst Du noch laufen?“
„Ah, ich weiß nicht genau. Erstmal habe ich mir Puerto Montt gedacht.“
„Und wieviele Kilometer machst Du so am Tag?“
„Bis zu Fünfzig.“
„Ach Du Kacke.“

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„Where are you from?“
„From North Carolina.“
„Ah, North Carolina!“
„You have been there?“
„Yes, I have lived there for a few months.“
„And how was it?“
(Besorgtes Stirnrunzeln meines Gegenüber.)
„Well, uhm, it was – GREAT, because before I stayed in West Virginia.“
„Oh, wow, now that’s painful. So where do you come from?“
„From Germany.“
„Which part?“
„Why is everybody asking me that question? Is it about east and west or do you just wanna know which city?“
„The city, huh?“
(Ich habe ihn verwirrt.)
„Ah, ok, it’s Berlin.“
„Uh, Berlin! Are you born there?“
„Nobody is born in Berlin.“
„What?“
„Nobody actually was born in Berlin.“

(Skeptischer Blick seinerseits:) „How come?
„Well I don’t know.“
„But nobody is born in Berlin? Explain. How could that be?“
„I have no idea. That’s probably a maths thing, and I am very bad in maths.“

(Er gibt es auf. Ich liebe es, die Durchgeknallte zu spielen. Nach ein paar Wochen üblichem Smalltalk-Gequatsche wo-kommst-du-her-wo-gehst-du-hin ist das echt abwechslungsreich.)

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„And what are you going to do next?“
„I will travel with a group of camping guys, doing some trekking. What are you doing?“

(Ich ziere mich ein bisschen:) „Well, I will travel – uh – further south…“
„Oh, nice, to Antarctica. Yeah, I just came back from there.“
„You have been in Antarctica?!?“
„Yes.“
„WOW!“

Well everybody is here for that reason, I suppose.“
„Everybody? Oh. Aha. And how was it?“
„It was pretty nice.“

(Pretty nice?? Das ist die Reise meines Lebens, herrjee, und sie nennt das „pretty nice“. Man lernt, die Verhältnisse wieder zu bekommen. Hier unten kannste jedenfalls mit einer popeligen 2-Monats-Reise von Atacama bis Antarctica niemanden beeindrucken, das sag ich Dir.)