Der Sommerurlaub in Italien ist vorbei – leiderleider. Eine volle Woche Sonnenschein, wunderschönes Ligurien, Berge und Meer…
Reisen mit Kindern – die Qual der Wahl: Wohin soll es gehen?
Verreisen mit Kindern ist natürlich etwas ganz anderes, als mit dem Rucksäckl verantwortungslos durch die Gegend zu hüpfen, wie ich das sonst immer tue (die Kids sind das Patchwork des Mannes).
Trotzdem einige Randbedingungen von vorne herein klar sind – Sonne für den Mann, Strand zum Buddeln und Meer zum Planschen für die Kids -, ist die Auswahl nicht leicht:
Zu sechst fliegen? Leider beziehen sich die meisten Angebote auf Familien mit zwei Kindern. Vergünstigungen gibt es höchstens für drei Kinder, „Großfamilien“ werden leider nicht finanziell berücksichtigt. Fliegen ist also zu teuer.
Die Niederlande sind dem Mann zu kalt, das Mittelmeer muss es schon sein, Spanien und Südfrankreich sind aber zu weit weg mit dem Auto. Neben Kroatien, wo der Mann mit den Kindern allerdings schon einmal war, recherchiere ich also über Ligurien.
Aus meinem Urlaub in 2009 (der nicht nur aus Spinnen bestand) weiß ich: Perfekte kleine Bergdörfer und Berge für mich, kleine Strandabschnitte und Meer für die anderen. Nur am Strand liegen ist mir nämlich viel zu langweilig. Ligurien ist zudem günstig und deshalb recht beliebt bei Familien.
Da ich beim ersten Ligurien-Urlaub gefragt wurde: „Ligurien? Wo isn das?“ hier mal eine kleine Karte. Ligurien ist da wo Rot, klar.
Der blaue reingekrickelte Streifen ist die „Cinque Terre“, die aus 5 schnuckeligen Dörfern besteht, die ich 2009 besucht habe.
Die Cinque Terre ist sehr hübsch anzuschauen, aber innerhalb der Hochsaison weniger zu empfehlen. Das ist in etwa so, als würde man Urlaub in einer Tokioer U-Bahn machen. Kein Witz: Für die Züge, die durch die Cinque Terre fahren, gibt es „Stopfer“, also Bahnleute, die im Notfall etwas nachschieben, wenn jemand nicht reinpasst. So etwas habe ich bisher nur aus Tokio gehört.
Für die Ferienhaussuche benutze ich das dritte Mal FeWo-direkt und kann diese Seite nur wärmstens weiterempfehlen. Nach Anlaufschwierigkeiten (die erste Ferienwohnung ändert nach Buchung die Beschreibung von 3 zu 2 Schlafzimmern – huch? Wir können aber kostenlos stornieren) finde ich eine Wohnung, die sich nett anhört, in einem Bergdorf oberhalb Imperias liegt (beim violetten Kringel), also schön weit weg von der Cinque Terre, deren Fotos allerdings nicht viel mehr vermuten lassen.Egal, denke ich, Hauptsache 3 getrennte Schlafzimmer (eins für die Jungs, eins für die goßen Mädchen und eins für den Mann und mich), wir werden sowieso nur unterwegs sein, und vor allem passt diese Wohnung wunderbar in unseren Geldbeutel.
Juchu, gebucht!
Packen für Ligurien
Meine Packliste sieht diesmal natürlich etwas anders aus. Statt Isomatte, Zelt, Kocher und Kompass steht auf meinem Zettel eher sowas wie
Dazu noch diverse Lebensmittel, weil ich mich mit gruseln an die superteuren Tante-Emma-Läden in der Cinque Terre erinnere. Wir haben ein großes Auto und vor Ort eine eigene Küche, also wird fleißig eingepackt. Stellt sich übrigens später als recht überflüssig heraus, denn in Imperia und Umgebung gibt es ganz normale große Supermärkte mit ähnlichen Preisen wie in Deutschland. Sogar mehrere LIDL gibt es. Die Bastelsachen allerdings waren Gold wert, danach hätten wir länger suchen müssen.
Wir fahren über Nacht und die Fahrt ist gefühlt endlos. Einzige Abschnitte, die ich genossen habe: Die Schweiz (na klar) und endlich die Ankunft am Meer. Nach 17 Stunden (puh) sind wir endlich da, die Kinder haben Dank verschiedenster modernster Technik (Tablet, iPad, MP3-Player, iPod) ohne größere Schreikrämpfe durchgehalten.
Yaii: Schatz, wir haben ein Traumhaus!
Als wir unser kleines Dorf endlich gefunden haben, gibt es eine riesengroße Überraschung: Wir haben keine kleine Ferienwohnung sondern eine ganze, dreistöckige Haushälfte mit riesigem Garten, Steinmauern und diversen Terrassen mit Blick ins weite Tal bis zum Meer!
Ein Traum!
Die Küche ist ein bisschen oll und nicht sonderlich gut eingerichtet, was nach meiner Erfahrung nicht untypisch für diese Gegend ist und außerdem vermutlich der Grund, weshalb dieses Traumhaus so günstig zu mieten ist.
Aber alles halb so wild, der Mann und ich sind ja McGyver-Kinder und wissen uns zu helfen.
Der Vermieter ist sehr nett und unkompliziert und will ganz offensichtlich einfach keinen Stress haben, deshalb auch das unglaubliche Understatement bei der Beschreibung des Hauses.
Ligurien empfängt uns außerdem mit strahlendem Sonnenwetter, was auch die ganze Woche lang so bleiben wird.
Sanremo
Unser erster Ausflug führt uns ins nicht weit weg gelegene Sanremo. Dort besuchen wir vor allem die Pigna, die Altstadt. Wunderschöne alte Gassen, die teilweise sogar aus dem Mittelalter stammen. Ich frage mich, wie das ganze überhaupt noch hält …
Ganz verwinkelt und an so mancher Stelle recht verwunschen…
Sie ist übrigens komplett bewohnt, ich sehe nicht ein leerstehendes Haus. (Lissabon hat mich da nachhaltig geprägt: All die vielen wunderschönen Häuser leerstehend…)
Sanremo ist für seinen Blumenhandel bekannt. Die Küste dieser Gegend wird daher auch die „Blumenriviera“ genannt. Im Vorbeifahren fällt das jedoch nicht auf, es wachsen überall die gleichen Oleander und Bougainvilleen wie andernorts in Italien auch – die ich allerdings sehr schön finde.
Imperia / Porto Maurizio
Imperia müssen wir natürlich auch einmal anschauen, beziehungsweise Porto Maurizio. Imperia ist die künstliche Zusammenlegung der zwei Städte Oneglia und Porto Maurizio durch Mussolini, Porto Maurizio ist der ältere Stadtteil.
Was auffällig ist: Es fehlt eine Art „Innenstadtkern“. Wir irren daher ein wenig ziellos herum, bis wir die Altstadt gefunden haben, die nicht ganz so pittoresk ist wie Sanremo, dafür aber ein paar sehr schöne Ausblicke hat.
Ich vermisse so etwas wie eine Einkaufsmeile für Touristen, denn die Mädels hätten sicher gerne ein paar Kleinigkeiten gekauft.
Dafür finde ich es allerdings sehr entspannend, recht wenige Touristen um mich herum zu haben. Während in unserem Dorf einige Deutsche untergebracht sind, scheinen sich in Imperia hauptsächlich italienische Touristen aufzuhalten, und davon nicht besonders viele. Italienisches Feeling also und wir können in Ruhe herumlaufen.
Wir finden genau das perfekte Restaurant für unser Pizzaessen, denn das muss natürlich sein. Direkt am Wasser. Hmmmm.
Die Villa Grock
Die Villa des berühmten Clowns „Grock“ ist ein toller Tipp aus dem Internet. Sie liegt in Imperia im neueren Stadtviertel Oneglia.
Den Besuch der Villa habe ich hier beschrieben.
Schlafen, Essen, Schwimmen, Schauen
Was ich schon vorher wusste: Kinder brauchen Tagesabläufe. Zu viele Unternehmungen gehen gar nicht, dann hat man Nörgelbacken an der Hand. So richtig vorgenommen habe ich mir daher nur wenige Ausflüge und natürlich viel Strandplanschen, Hausgarten genießen und kochen.
Zurück zum Haus nach einem Strandtag oder Ausflug fahren wir über Umwege, damit wir uns noch die Gegend anschauen können. Ich mag besonders die bergige Landschaft mit den zauberhaften alten Steinhaus-Dörfern.
Was ich gelernt habe: Es gibt Kinder, die brauchen unfassbar viel Schlaf, selbst im schönen Italien! ;)
Mein Anfangsgroll, immer bis Mittags/Nachmittags im Haus „herumzuhocken“ weicht aber schnell der Einsicht, dass ich so selber zur Ruhe kommen und den Garten auf diese Weise auch mal alleine genießen kann. Ich habe sogar jeden Morgen Zeit für Sport, auf einer Terrasse mit Blick ins Tal, und kann alleine durchs Dorf schlendern.
Nur der Kleine ist immer recht früh wach. Wir vertreiben uns dann die Zeit mit Uno-Spielen, den Schmetterlingen zuschauen, Katzen vergraulen und Basteln.
Der Papierschmetterling ist allerdings keine Kinderbastelei sondern erfordert ein bisschen Origami-Geschick. Die Fische sind aber der totale Hit und sehr zu empfehlen. Ich habe das aus einer Kindheitserinnerung nachgebastelt, als wir in Dänemark alten Strandabfall wie abgeschliffenes Glas und verrostete Kronkorken gesammelt und dann den ganzen Kram in Gips reingedrückt haben, der auf eine Pappe geschmiert wurde. Anschließend kann das sogar als Wandbild aufgehängt werden.
Das Schöne dabei: Man kann nichts falsch machen. (Außer, man setzt sich bei der Rückfahrt auf die Fische drauf… nunja…)
Strände
Die gesamte ligurische Küste ist sehr felsig. Wer also lange Sandstrände erwartet, wird hier enttäuscht. An manchen Abschnitten verläuft die Schienenspur der Züge direkt am Meer (was für einen Ausflug z.B. von Genua in die Cinque Terre sehr zu empfehlen ist, bis auf die erwähnte Touristendichte), an vielen Stellen stehen Häuser direkt an der Küste. Schöne Strandabschnitte muss man also suchen und sind meist recht voll.
Zum Kurzplanschen fahren wir einige Male direkt nach Imperia. Dieser Strand ist allerdings ziemlich klein und nicht ganz so schön. Westlich davon hat uns nichts so richtig gefallen. Für unsere beiden „Strandtage“ nutzen wir einen Strand Richtung Sanremo, in Arma di Taggia, der zwar einigermaßen gefüllt aber trotzdem sehr schön ist. Es soll einer der saubersten Strände in ganz Italien sein, was ich sofort glaube. Dieses klare, wunderschöne grüne Wasser…
Und weil bei uns jeder Angst um seine tolle Kamera hat, gibt es überhaupt keine Fotos davon.
Dann ist die Woche auch schon vorbei.
Fazit
Ich mag Italien und Ligurien und die Zurückhaltung der Italiener. ‚Zurückhaltung?‘ werden manche vielleicht denken, denn das Klischee hält da andere Bilder parat. Ja, bisher habe ich es immer so empfunden, in Ligurien ganz besonders.
Sowohl alleine wie jetzt mit der Familie sind die Leute sehr freundlich, natürlich auch mal „schön italienisch lautstark“, aber zurückhaltend und ein bisschen konservativ. Das kann auch Vorteile haben, wenn man sonst das Lockere und den schnellen Kontakt zu Einheimischen zu schätzen weiß: Ein voller Strand mit Italienern geht relativ gesittet zu, es gibt weder laut gröhlende Prolls noch alkoholisierte Anmacher.
Ligurien ist günstig bei Unterkünften und deshalb gerade bei Familien immer beliebter. Lebensmittel kosten in etwa so viel wie in Deutschland.
Ligurien ist wunderschön und hat sowohl eine sehr hübsche Küste wie zauberhafte Berge zu bieten. Strände sind rarer und voller als andernorts, die Berge kleiner als in der Schweiz, Ligurien protzt also nicht mit Extremen. Dafür gibt es aber viele ursprüngliche Küsten- und Bergdörfer. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Weiter im Inland kann es vorkommen, dass Ihr mit Englisch aufgeschmissen seid.
Ausflugmöglichkeiten an der Küste gibt es genug. Mit dem Auto ist man wunderbar unabhängig, sollte aber eher auf einen Mietwagen mit Vollkasko ohne Selbstbeteiligung zurückgreifen. Wir haben mit unseren großen 7-Sitzer ganz schön bei jeder Kurve gezittert – die Italiener sind da mit ihrer Fahrerei nicht gerade zimperlich.
Züge fahren häufig und sind einigermaßen günstig, fahren jedoch nur an der Küste entlang. Auch Busse fahren, jedoch sehr sporadisch, das scheint eher eine Glückssache zu sein und man sollte sich darauf besser nicht verlassen.
Die Cinque Terre ist auf jeden Fall sehr sehenswert, aber in der Hochsaison grausig überfüllt und leider mittlerweile insgesamt sehr touristisch. Aber auch die Städte westlich von Genua bis nach Frankreich lassen sich gut besuchen und lohnen diverse Ausflüge. Nizza wäre sicher noch toll gewesen, und auch Monaco ist mit einem Tagesausflug zu schaffen.
Es ist also eigentlich völlig klar: Ich muss noch einmal nach Ligurien.