Heute Nacht haben wir die Antarktische Konvergenz erreicht und befinden uns somit geografisch in der Antarktis. Wie lange habe ich darauf gewartet!

Ich versuche, meine Gedanken zu ordnen, versuche, die Seetage zu genießen – was ich tue, ehrlich – doch meine Aufregung ist viel zu groß: Das Wunderland Südgeorgien liegt vor mir und ich kann es nicht fassen, dass ich schon morgen einen Fuß darauf setzen soll.
Hunderttausende Königspinguine, Maccaroni-Pinguine („Goldschopfpinguine“), Pelzrobben, Seelöwen und Seeelefanten warten auf mich. Ich werde hoffentlich Sarah hallo sagen, einer der zwei ganzjährigen Bewohner vor Ort, und die Überreste der alten Walfangstation in Grytviken erkunden, den kleinen Ort, der binnen 60 Jahren das größte Walschlachten weltweit gesehen hat. Heute agiert das britische Überseegebiet weitgehend autonom und hält strenge Auflagen für Besucher bereit, um die grandiose Natur zu schützen.
Das Eis, natürlich, darauf freue ich mich besonders. Die ersten Eisberge könnten jetzt bald schon ins Blickfeld kommen…

Bis auf eine Unterbrechung auf den Falklandinseln, bei der wir das schönste Sommerwetter hatten, welches man sich vorstellen kann, haben wir die Zeit auf See verbracht. Unaufhörlich rollt die MS Hanseatic vorwärts und schaukelt dabei mal mehr und mal weniger, Gläser sind allerdings noch nicht vom Tisch gefallen. Nur der Sturm am Tag vor den Falklandinseln war mit einer Windstärke 10 so stark, dass ich mich auf Deck zum Amüsement des Mannes lieber auf den Boden schmiss, als von Bord geweht zu werden.

Ich liebe dieses Schiffsgeschaukel und schlafe wie ein Baby (wenn mich der Mann nicht mit seinem Geschnarche aus dem Schlaf reißt). Tagsüber torkeln wir alle gemütlich von Buffet zu Vortrag zu Dinner. Das Essen ist natürlich viel zu viel, der Fitnessraum leider zu klein und ständig belegt, so dass ich meine Antarktis-Sport-Challenge nicht durchziehe und mich lieber komplett verwöhnen lasse, was bei diesen feinsten Speisen nicht schwer fällt. Ich stehe an der Reling oder sitze in der Observation Lounge und schaue auf die Wellen da draußen.

Sowieso das Essen… leider bin ich keine Foodfotografin und kein Food-Blog, was eine wirkliche Schande ist. So gut habe ich so viele Tage am Stück sicher noch nie gespeist.

Die Vorträge sind natürlich spannend und die Crew sehr nett, gerade der Kapitän und der Expeditionsleiter – mit Letzterem war ich witzigerweise schon in Grönland, die Polarwelt ist klein – stechen noch einmal mit ihrer grandios sympathischen nordisch-trockenen Art heraus. Der restliche Komfort, die schönen Kabinen, der tadellose Service, das freundliche Personal, das ist für mich schmückendes Beiwerk, aber lange nicht notwendig.
Trotz dem ich jetzt hier bin, auf der wunderschönen und übersichtlichen MS Hanseatic mit gerade 160 Gästen und den 125 Mitgliedern der Besatzung, habe ich Sehnsucht. Ich weiß jetzt schon, dass es mir wahnsinnig schwer fallen wird, dieses Schiff zu verlassen, das Meer zu verlassen, die Kälte und das Eis zu verlassen, diese Region und alles, was dazu gehört. Ich weiß jetzt schon, dass ich alles dafür geben werde, noch einmal wieder zu kommen und das Seltsame ist, ich habe keine Ahnung, warum diese Sehnsucht so tief in mir verankert ist.

So viele Fotos sind hier schon geschossen und so viele Geschichten geschrieben worden, aber für mich fühlt es sich an, als würden die Wellen mir etwas erzählen wollen, als würde ich nur hier durchatmen können, als könne ich nirgends weiter schauen als auf diesem Meer, als müsste ich das blaue Eis erforschen und die letzten Geheimnisse der Pinguine.
Wenn es einen Ort gibt, in den ich mich grandios verschossen habe, dann ist es dieser: das Südpolarmeer.

Ich bin angekommen.

⇒ Mehr über den Besuch auf den Falklandinseln gibt es demnächst von mir im Passagen-Blog von Hapag Lloyd Kreuzfahrten.

⇒ Einige Fotos habe ich bereits auf Facebook hochgeladen.

Falklandinseln bei Sturm

Falklandinseln: Ankunft bei Windstärke 10 bei Port Stanley

Falklandinseln-Port-Stanley

Port Stanley, Falklandinseln

Vor Anker liegt die MS Hanseatic, wir besuchen die 2000-Seelen-Stadt mit den Tenderbooten.

Immer noch gibt es auf den Falklandinseln vermeindlich vermintes Gebiet

Immer noch gibt es auf den Falklandinseln vermeindliches Minengebiet.

Truthahngeier auf den Falklandinseln

Ein Truthahngeier streckt sein majestätisches Federkleid.

Grandiose Bucht: Gypsy Cove auf den Falklandinseln

Unglaubliche Natur: In der Bucht Gypsy Cove darf man allerdings nicht schwimmen, hier ist Schutzgebiet für die Magellan-Pinguine. Es wäre ohnehin ein wenig kalt.