Einmal im Jahr muss ich nach Italien, ich weiß auch nicht so genau, wann das angefangen hat und warum. Italien ist so vielfältig, so hübsch, ich liebe die italienische Sprache. Kaum zu glauben also, dass ich vor diesem Urlaub noch nie in Venedig war.
Wer jetzt glaubt, ich hätte für diesen Artikel keine Opfer bringen müssen: Für die Fotos musste ich SEHR.FRÜH.AUFSTEHEN. Und das musste ich nicht nur einmal machen sondern mehrere Male, weshalb steht unten unter Punkt 3. Dann, und nur dann bekommt man nämlich den kleinen Funken besseres Licht, weniger Touristen, stilleres Wasser und schönere Wasserreflektionen aufs Bild und kann Venedig bei Nacht erleben.
Meine schlauen Anmerkungen und Venedig Tipps in der unten anstehenden Too-Much-Information-Liste sind selbstredend essentiell für Euren nächsten Venedig-Besuch. Eigentlich sollte es so etwas auch für Rom geben, aber wie üblich habe ich es nicht geschafft, über meinen kleinen Italien-Trip mehr als diesen einen Artikel zu schreiben. Die Zeit, die liebe Zeit…
Aber zurück zu Venedig, ach, das muss man eben einfach mal gesehen haben. Außerdem brauchte ich ein paar Tage frei im Kopf, nur für mich. Kamera-Sachen ausprobieren und mein Hirn dahin schweifen lassen, wohin es gerade mal möchte, ohne Rücksicht auf Erwartungen oder Verpflichtungen um mich herum und in mir.
Und während ich jetzt ein bisschen Rom-übersättigt bin, würde ich liebend gerne gleich meinen zweiten Urlaub dorthin planen. Denn Venedig ist – ja tatsächlich und trotz aller Touristenmassen – sehr zauberhaft.
Meine Venedig Tipps und TMI-Liste
- Am Besten eine Unterkunft direkt auf der Insel beziehen. Das Reinfahren jeden Tag macht garantiert nicht viel Spaß, außerdem ist die aller-aller-ALLERbeste Zeit um Venedig zu sehen definitiv der frühe Morgen. Einfach nur mit Kamera und Stativ bewaffnet aus der Haustür fallen und loslaufen – wunderbar.
Zudem sind die Spiegelungen besser, wenn noch keine Fahrzeuge auf dem Wasser sind. Und naja, ohne Fahrzeug kommst Du eben auch nicht auf die Insel. (Tipps zur Unterkunft gibt es ganz unten). - A propos früher Morgen: Die Möwen Venedigs klingen wie gebärende Frauen. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, sachdienliche Hinweise oder steile Thesen bitte an mich.
- Von den Möwen abgesehen ist es morgens ruhig, die Boote sind noch nicht losgefahren und in den Kanälen liegt still das Wasser – perfekte Zeit, um tolle Reflexionen und schönste Venedig Bilder mit der Kamera einzufangen. Genauer: Die meisten Boote und Vaporettos (Wasserbusse, das trifft es meiner Ansicht nach besser als Wassertaxi, denn das Vaporetto ist das normale und günstige öffentliche Verkehrsmittel) fahren etwa um Viertel vor 7 los, weil sie um 7 Uhr ihren Dienst aufnehmen. Das Licht war ca. 6.30 Uhr am Besten (Anfang Mai), also hatte ich ein kurzes Zeitfenster für tolle Fotos. Netterweise lag eine der schönsten Gassen direkt vor meiner Haustür. Als Oberplüsschen fangen um diese Uhrzeit die kleinen Bäckereien an, ihre Türen zu öffnen und es duftet überall nach Vanillebackwerk, orrrr.
- Wer nicht auffallen will, bestellt sich in einer der vielen kleinen Osterias einen Aperol Spritz oder einen kleinen Wein, „un’ombra“ und Venezianische Tapas. Wie das geht und wo es einige gute Adressen dafür gibt, steht in diesem kleinen Bàcari-Guide von Ilona.
- Beste Reisezeit für Venedig: Ich hatte Anfang Mai optimales Wetter für meinen Trip. Selbst um 6 Uhr morgens reichte eine dünne Strickjacke, mittags war es super schön aber nicht zu warm. Venedig war auch nicht so voll, wie ich erwartet hatte, ich vermute, dass erst ab Mitte Mai die Massen kommen. Im September ist es zwar noch ein klein wenig wärmer, aber es sollen noch mehr Touristen in der Stadt sein und man hat ca. eine Sonnenstunde weniger am Tag. Wem es zu voll ist, sollte einfach die Morgen- und Abendstunden ausnutzen. Da die meisten Touristen außerhalb wohnen, hat man dann seine Ruhe.
- Den Tauben geht man generell lieber aus dem Weg, die haben nämlich hier Vorflugrecht. Jedenfalls habe ich das so interpretiert, nachdem mir zweimal so ein Viech volle Kanne gegen den Schädel gerammelt ist.
- Ähnliches gilt für Venezianer: Sie sind nicht so unfreundlich abgenervt zu Touristen wie erwartet, aber wehe Du stehst ihnen im Weg rum, dann wirst Du gnadenlos umgerannt. Das ist vermutlich auch der einzige Weg, in so einer absolut touristischen Stadt zu wohnen ohne durchzuknallen.
- Nicht gondeln. Zu teuer. Lieber sich an den Canal Grande stellen und lauthals loslachen, wenn wieder ein Touri-Depp die volle Packung inklusive Opernsänger gebucht hat. Dann schnell ein Foto machen und wegrennen, so schnell kriegen die Dich nie!
- Hunde dürfen überall hinmachen, logisch, es gibt ja auch keine Wiesen oder Parks oder so. Ich habe allerdings keinen blassen Schimmer, was mit der Hundekacke passiert, denn es lag keine herum, aber ich kann mir irgendwie auch nicht vorstellen, dass der feine Venezianer die Sache mit dem Beutelchen erledigt. Drei volle Tage habe ich versucht, einem der erstaunlich vielen Hundebesitzer unauffällig zu folgen und das zu eruieren – ohne Erfolg. Vielleicht haben Hunde Klos in den Hinterhöfen? Jedenfalls war das anscheinend noch vor sechs Jahren anders. Da war Venedig so dreckig, dass der Bürgermeister eine Initiative für ein saubereres Venedig startete, insbesondere, was den Hündchendreck angeht und auch die gegenseitige Höflichkeit. Scheint gefruchtet zu haben.
Es bleibt die Frage, warum man in einer Stadt ohne jegliche Erde unbedingt Hunde halten muss. - Die Venezianer scheinen auch selbst nicht so erpicht auf Grünes zu sein. Während mir schon nach zwei Tagen Bäume und Blumen fehlen, scheint selbst der für mich so typisch italienische Blumenkübel hier eher out zu sein. Wenig Balkonbepflanzung, vielleicht mal eine Kletterpflanze am alten Gemäuer. Venedig ist eben anders.
- Venedig ist irgendwie doch ziemlich klein. Klar kann man jeden Tag mit dem Vaporetto fahren, aber es macht genauso Spaß, nur zu Fuß zu gehen. Der von mir gekaufte 3-Tages-Öffis-Pass, den ich mir am Flughafen Marco Polo für schlappe 40 Euro gekauft habe, wurde von mir nicht wirklich ausgenutzt. Ist aber natürlich entspannter, wenn man nicht ständig die Karten einzeln kaufen muss. Wer sich den Pass kaufen möchte (gibt es auch für 24 Stunden, 2 und 5 Tage): Am Flughafen vor dem Ausgang links runterlaufen, da kommt der Schalter dann an der linken Seite, oder am zentralen Busbahnhof auf der Insel.
Die Busse zum Busbahnhof fahren übrigens alle halbe Stunde (früh morgens alle 40 Minuten und dauern etwa 20 Minuten) und alles ist sehr perfekt organisiert. Ich sagte ja schon: Venedig ist anders, oder wohl insgesamt die Einwohner Venetiens. - Eine der schönsten Ansichten gibt es von der Brücke an der Haltestelle „Accademia“ am Morgen Richtung Süden. Möchtest Du allerdings die schöne Front ostseitig des Canal Grande vom Licht beschienen aufnehmen, musst Du am Nachmittag wiederkommen.
- Einheimische unterstützen und Venedigs Flair erhalten geht so: Einfach keine Touri-Scheiße kaufen. Dazu gehören insbesondere Chinesische Masken und Chinesische Handtaschen. Und sowieso Importware. Leider sind die meisten Einheimischen Läden schon verschwunden, denn die können sich die viel zu teuren Mieten nicht mehr leisten. Gut beschrieben hat das Dilemma übrigens Petra Reski im Artikel „Venedig für 1 €“.
- Nichts, einfach gar nichts vornehmen! Zwar hatte ich mir ja meine kleine Postkarten-Challenge auferlegt, aber ich habe tatsächlich weder ein Museum von Innen gesehen und aus lauter Vergnügtheit habe ich es nicht einmal auf die sehenswerten Inseln geschafft. Selbstverständlich war Letzteres auch einfach ein Trick, damit ich eine Ausrede habe, bald wieder Venedig zu besuchen.
- Es anders als andere Touristen machen und nicht ständig auf die Maps App auf dem Smartphone starren und sich einfach verlaufen. Das gehört dazu. Am Liebsten eben am frühen Morgen oder spät am Abend.
Venedig Tipps: Günstig unterkommen
Falls Ihr Euch wundert: Nein, es gibt keine weiteren Venedig-Tipps zum Ausgehen. Ich habe mich in einem sehr spartanischen Ex-Kloster einquartiert, derweil eine Basen-Diät durchgezogen und brav auf das grandiose Essen verzichtet. Das habe ich dann alles in Rom nachgeholt. Das Kloster selbst war leider nicht zu empfehlen, ich hatte ein muffiges, dunkles Zimmer.
Lesetipp: Einen richtig tollen Beitrag über typisch Venezianisches Essen hat Ilona von Wandernd aufgeschrieben: Cicchetti und Wein genießen wie die Venezianer.
Wohnen in einem restaurierten Kloster:
Erst viel zu spät habe ich dieses Angebot* gesehen, „We Crociferi“, ein restauriertes Kloster aus dem 12. Jahrhundert, das leider extrem häufig ausgebucht ist, kein Wunder. Man zahlt hier üblicherweise irgendwas um die 50 Euro p.P. im Doppelzimmer. Irgendwann schaffe ich es noch, hier mal unterzukommen.
In einer Wohnung direkt im Gassengewirr hinter der Rialto-Brücke:
Manchmal gibt es erstaunlicherweise bezahlbare Angebote, so habe ich auf einem recht spontanen Juni-Italien-Trip ein Zimmer mit zwei Doppelbetten (wir waren mit Kind da, also zu dritt) für gerade 120 Euro auf der Hauptinsel erstanden, und zwar 3 Minuten von der Rialto-Brücke entfernt in der Residenza Grisostomo*. Absoluter Knaller war der Eingang: Wir bekamen zuvor eine sehr gute Beschreibung, sonst hätten wir wohl kaum gedacht, dass diese superschmale Gasse zu Hauseingängen führt. Venedig halt.
Im Kopf haben solltet Ihr, dass der Standard in Venedig wirklich viel geringer ist, Ihr bekommt also sehr viel weniger fürs Geld als andernorts. Die Residenza Grisomo würde ich zum Beispiel keinen älteren Leuten oder Menschen mit Kletterschwierigkeiten empfehlen, denn man muss übers Klo klettern, um duschen zu können. Der Host war aber sehr nett und soweit war alles sauber. Das Frühstück war wie üblich italienisch-karg, dafür sitzt man dabei herrlich am Canal Grande.
Noch günstiger im Hostel auf der Nebeninsel Giudecca:
Das Generator-Hostel auf der Nebeninsel Giudecca ist günstig und hat gemütliche Aufenthaltsräume mit unserem Zimmer unter dem Dach hatten wir allerdings Pech. Dennoch: Da das Wetter im Februar so unterirdisch war, waren wir froh über die behagliche Behausung und die Essensmöglichkeit, ohne aus der Tür gehen zu müssen. Ja, fahrt bloß nicht im Winter nach Venedig!
Reiseführer für Venedig
Den Venedig-Reiseführer von Baedeker* hatte ich bei meinem letzten Besuch dabei und fand ihn wirklich richtig toll und gerade für Venedig geeignet. Es ist ein etwas anderes Format, Details gibt es eher nicht, die einzelnen Themen sind recht kurz gehalten, dafür sind extrem viele Themen abgehandelt.
Als Reiseführer zum Mitnehmen (wenn auch recht schwer) und zum kurz nachschlagen hervorragend geeignet, außerdem mit hübschen Fotos verstehen. Der Schreibstil ist super angenehm, ich mochte einfach drin herumstöbern.
Auch Ausgeh- und Restaurant-Tipps sind mit Preiseinordnungen drin. Meine Empfehlung, wenn man nicht nur ein einziges Wochenende Venedig besuchen möchte oder sich ein bisschen besser vorbereiten will.
Als kleinen Reiseführer empfehle ich den Reiseführer Venedig MM-City mit vielen praktischen Tipps* (siehe Bild) vom Michael Müller-Verlag.
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Dieser Artikel wurde im Mai 2017 aktualisiert.
Seit 15 Jahren ist Inka Redakteurin, Reisebloggerin und Autorin in Berlin und Brandenburg. Sie hat mehrere Reiseführer über die Region geschrieben und veröffentlicht ihre Tipps und Geschichten im Spiegel, Tagesspiegel und verschiedenen Magazinen. Außerdem Möchtegernentdeckerin, Liebhaberin der polaren Gebiete unserer Erde und abschweifend in der Welt. Hier Chefin vom Dienst.