Fast schon ein Stück Normalität, sich heute wieder an den Arbeitsplatz im Homeoffice zu setzen – fast.

Die Zeiten verschwimmen immer mehr. Wie ich schon einmal schrieb: Mit weniger Leben im Leben verkürzt sich die Zeit. Selbst heute, nach Ostermontag, sind sich manche nicht sicher, welcher Tag in der Woche ist, weil einige gestern gearbeitet haben – ist ja auch irgendwie egal.

Es existiert eine Art hypernervöser Humor. Auf Twitter werden Witze über ernste Witze gemacht. Seltsame Lustigkeiten auf Facebook – man lacht, komisch, und stellt sich vor, wie alle anderen vor ihrem Bildschirmen genauso nervös keckern und gar nicht sicher sind, warum. Leben fühlt sich allgemein ziemlich neurotisch an.

Eltern kreisen ein bisschen aus, weil die Leopoldina empfiehlt, Kitas bis zum Sommer zu schließen – wie sollen sie das alleine wuppen? Verarmen die Kinder sozial, wenn sie keine anderen Kinder sehen? Und überhaupt – hatte Drosten nicht von den so genannten Clustern gesprochen, die sinnvoll wären und mir so einleuchteten? Warum kann man dann eigentlich nicht Kitagruppen zulassen, kleine, in sich geschlossene Gruppen? Wäre das nicht erstmal sinnvoller und kontrollierbarer, als Schulen wieder zu öffnen?

Natürlich ist bisher nicht klar, was aus diesem Empfehlungen politisch wirklich umgesetzt wird. Ist es dann richtig, diese Papiere zu veröffentlichen? Oder ist es falsch, die Menschen in dieses unverdaute Stück Empfehlung reinlaufen zu lassen? Wieviele Informationen gibt man derzeit der Bevölkerung, die teils nicht in Kontext eingebettet, nicht verifiziert, nicht verstanden werden? Ich möchte wahrlich nicht in der Situation von Politiker:innen sein, Entscheidungen darüber zu treffen, welche Informationen der Öffentlichkeit vorenthalten werden, weil diese eine Panik auslösen könnten.

Allerdings, da bin ich überzeugte Demokratin: Aufklärung ist absolut notwendig, Informationen, möglichst alle, müssen breit gestreut werden, selbst, wenn Teilaspekte nicht verstanden werden.
Das betrifft auch und insbesondere die nicht so rosigen Aussichten. Ich hatte es schon einmal angesprochen: Es wirkt ein bisschen so, als wolle man mit Formulierungen wie die der „Exit-Strategie“ und „zurück zur Normalität“ suggerieren, dass wir nun, innerhalb weniger Wochen, das Gröbste erreicht haben, durchgemacht haben. Und nun alles wieder bergauf ginge. Doch das Gegenteil ist ja der Fall. Selbst in meiner Reiseblogger-Blase höre ich, dass es „vielleicht sogar bis in den Herbst dauert, bis man wieder uneingeschränkt reisen dürfe“.

Ich beiße mir dann auf die Lippen, weil ich nicht weiß, ob nun wirklich ich diejenige sein sollte, die diese Vorstellung zerschlägt: Nein, im Herbst dürfen wir GANZ SICHER noch nicht reisen, wohin wir wollen. Das wird auch ziemlich sicher noch nicht im nächsten Jahr sein, denn Impfstoffe dauern in der Regel Jahre, und bis die dann verteilt sind…
Manche wollen es vielleicht nicht glauben, manche lesen zuwenig. Andere sagen, ich sei zu pessimistisch.
Die Bundesregierung hält sich leider viel zu sehr zurück und findet keine deutlichen Worte. Die Enttäuschung, vielleicht sogar Entrüstung, wird groß sein, wenn diese Infos mal gesackt sind. Und vielleicht gibt es dann viele verpasste Chancen zur Vorsorge.

Es geht sicher nicht darum, zur Normalität zurückzukehren, sondern wir werden lernen müssen, mit den Maßnahmen zu leben.

Beziehungsweise gibt es drei Modelle, Modellierungen oder wie man es auch nennen soll, auf die ich bisher gestoßen bin:

  1. Maßnahmen werden deutlich gelockert. Die Folgen: Die Ansteckungsrate erhöht sich deutlich. Daraufhin werden Maßnahmen wieder verschärft – ein on-off-Szenario, das sehr dazu geeignet ist, die Kontrolle über die Ansteckungen zu verlieren und das Gesundheitssystem deutlich zu überlasten und Millionen Tote zu verzeichnen.
  2. Die Maßnahmen werden leicht gelockert, so dass die Ansteckungsrate um R0=1 bleibt. Die Folgen: Das Gesundheitssystem kann die Folgen gerade noch so auffangen. Es sterben dennoch Zehntausende bis zu einer Million Menschen (1-2%). Die Wirtschaft geht den Bach runter und wir hocken in unseren Gefängnissen so lange, bis ein Impfstoff gefunden und die Bevölkerung durchgeimpft ist ODER bis wir Herdenimmunität erreicht haben. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Letzteres, also Herdenimmunität ohne Überlastung des Gesundheitssystems dauert grob geschätzt 4-6 Jahre.
  3. Die Maßnahmen werden nicht gelockert und so lange durchgesetzt, bis die Ansteckungsrate nachweislich (durch verstärkte Tests) unter 1 gefallen ist. Anschließend werden die Maßnahmen deutlich gelockert und neu aufgekommende Infektionsketten nachverfolgt und isoliert. Dass diese Variante für mich am besten klingt, ist wohl deutlich geworden. Doch ist sie machbar?

Ach die vierte, die Vierte hätte ich fast vergessen: Die Beatles geben am 10.10.2020 ein Reunionkonzert und schmeißen, während sie With A Little Help From My Friends singen, den Impfstoff in die Zuschauermenge.

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