Der Grunewald Forst in Berlin ist das größte zusammenhängende Waldgebiet im Westen Berlins mit enormen 3000 Hektar. Für mich ist er, zusammen mit dem daneben liegenden Düppler Forst und Dreilinden, ein kleines Sagaland, denn es existieren viele Biotope, Seen, versteckte Badespots, schöne Ecken und spannende Geschichten – perfekt für einen kleinen Ausflug, Spaziergang oder eine Fahrradtour.
Karte und Lage mit Sehenswürdigkeiten
Der Grunewald (ursprünglich abgeleitet vom Jagdschloss „zum grünen Wald“) liegt im Westen Berlins zwischen der Krummen Lanke und der Havel und erstreckt sich über die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf. Auf der Karte habe ich meine Favoritenspots eingezeichnet, die ich weiter unten im Einzelnen bespreche.
Das riesige Waldgebiet verdanken wir übrigens der Umsicht der Berliner Regierung vor rund 100 Jahren, die noch vor der Gründung Groß-Berlins als Zweckverband Groß-Berlin den Grunewald vom Preußischen Staat erwarb, um Bodenspekulation auf diesem Gebiet zu verhindern und den Wald zu erhalten. Es heißt, die große Unterschriftenaktion 1904 gegen die Vernichtung des Grunewalds sei die erste große deutsche Umweltbewegung gewesen. Spannend, dass manche Themen nie an Aktualität einbüßen.
Der Grunewald besteht zu einem guten Teil aus wunderbarem, natürlich gewachsenen Mischwald, insbesondere im östlichen und mittleren Teil. Im Westen und am Wasser stehen wiederum viele Kiefern, die forstwirtschaftlich bereits seit dem Mittelalter genutzt werden. Im Jahr 2015 erhielt der Grunewald mit seiner Vielzahl an Kleingewässern und Biotopen, Dünen und Heideflächen die Auszeichnung „Waldgebiet des Jahres“.
Bitte unterstützt den Schutz mit Eurem Verhalten: Bleibt auf den Wegen, räumt nichts weg, macht auf gar keinen Fall Feuer, schmeißt keine Zigarettenkippen oder Sonstiges in den Wald (sowieso nie).
Noch ein Sicherheitshinweis vorab: Im Gebiet Grunewald gibt es sehr viele Wildschweine, die aggressiv werden können, wenn sie meinen, ihre Jungen verteidigen zu müssen. Bitte lauft auf gar keinen Fall nachts durch den Grunewald und seid bereits in der Dämmerung vorsichtig!
Übrigens gibt es derzeit eine sehr schöne ARD-Dokumentation über den Grunewald in vier Jahreszeiten, über den Wald, die Tierwelt und welche Naturschutz-Arbeiten hier so passieren. Super interessant mit sehr schönen Bildern!
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Fahrradtouren und Spaziergänge: Tourenvorschläge
Der Grunewald ist für mich mit Abstand der schönste Wald Berlins und ich bin dort schon häufig wandern gewesen – meiner Ansicht nach die beste Art, den Grunewald kennen zu lernen. Natürlich kann man auch gut Fahrradtouren unternehmen, muss dann allerdings auf den größeren Wegen bleiben und verpasst die schönen Querfeldein-Wege und den Havelhöhenweg. Nicht umsonst heißt es, der Havelhöhenweg sei einer der schönsten Wanderwege Berlins.
Einen Wandervorschlag habe ich Euch hier erstellt. Auf dieser immerhin 20 Kilometer langen Tour lernt man die spannendsten Teile des Grunewalds kennen.
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Wer es etwas kürzer mag, kann auf mehrere Etappen aufteilen, und das würde ich auch empfehlen, weil man so die ganzen Highlights in Ruhe sacken lassen kann.
- Tour: Drachenberg & Teufelsberg
- Tour: Mit dem Fahrrad vom S-Bahnhof Grunewald starten und quer durchfahren.
- Tour: Den Havelhöhenweg laufen, mit An- und Abfahrt mit dem Bus 218 (der übrigens dann auch zur Pfaueninsel fährt, sehr empfehlenswert!)
- Tour: Entlang der Seenkette Schlachtensee – Krumme Lanke. Die Strecke ist oben in der Karte nicht drin.
Was der Havelhöhenweg für Wanderer ist, ist die Havelchaussee für Fahrradfahrer. Ordentlich Schwung ist hier drin, denn das Gebiet ist durch die Wechseleiszeit mit vielen kleinen Schluchten und Höhen geprägt. Es gibt daher sowohl viele Hügel wie einige grandiose Abfahrten. Aber bitte Vorsicht walten lassen: An manchen Stellen sind Fahrradwege und Straßen nicht sehr gut gepflegt – dit is Berlin, newahr.
Ihr könnt wie bei der Tour 2 vom S-Bahnhof Grunewald quer durch zur Sandgrube und Teufelssee fahren. Dann geht es über den Schildhornweg zum Friedhof und weiter zur Havel. Von dort die Havelchaussee runterfahren bis S-Bahnhof Nikolassee.
Eine längere Fahrradtour durch den Grunewald inklusive Düppler Forst und Wannsee findet Ihr auch in meinem neuen Buch Radelzeit in & um Berlin vom Dumont Verlag. Auf 20 gemütlichen Rad-Touren geht es hier durch die neue Wasserstadt Berlins, zu spannenden Drehorten, verrückten Lost Places, auf Mundraub-Tour, zu den schönsten Hofcafés und grünen Orten Berlins und Brandenburgs. |
S-Bahnhof Grunewald und Mahnmal Gleis 17
Der S-Bahnhof Grunewald ist ein guter Ausgangspunkt für Touren in den Grunewald und sowohl per S-Bahn wie mit dem Bus gut zu erreichen. Gleich am S-Bahnhof habt Ihr die Möglichkeit, ein besonderes Holocaust-Mahnmal zu besichtigen, wenn Ihr einen Moment der Ruhe aufbringen könnt.
Teufelsberg & Drachenberg
Die beiden wohl bekanntesten Spots im Grunewald sind der Teufelsberg und der Drachenberg. Der Teufelsberg ist vielen durch die alte US-Abhörstation bekannt und ja, ein Besuch lohnt sich, wobei man entweder einen Tag erwischt, wo die Türen geöffnet sind oder bereit sein muss, das Gelände illegal zu betreten. Mittlerweile ist der Ort eher Berlin Hipster Kult und Selfie-Must für Berlin-Besucher:innen und nichts Neues mehr. Die Aussicht von der Radarstation ist toll, die Aussicht vom Berg selbst eher nicht, denn er ist total zugewachsen. Anschauen kann man sich noch den Kletterturm des Deutschen Alpenvereins und die Gravel-Bike-Strecke (vorsicht!) auf der ehemaligen Ski-Abfahrt für das Ski-Weltcuprennen 1986.
Der Drachenberg ist wie der Teufelsberg nebenan ein Trümmerberg, also aus Trümmern des Zweiten Weltkriegs aufgeschüttet, beim Aufstieg kann man tatsächlich noch den ein oder anderen Trümmer entdecken. Wer eine spannende Geschichte hinter dem Namen vermutet, wird etwas enttäuscht, hier geht es nämlich lediglich um die vielen Drachen, die wochenends von Einheimischen in den Himmel gelassen werden.
Berliner Großstadtdschungel: Von Trümmern und Füchsen auf dem Drachenberg in Berlin
Teufelssee, Sandgrube im Jagen 86 und Ökowerk
Nahe bei liegt der kleine Teufelssee, Namensgeber des Teufelsbergs und kleiner, idyllischer See mitten im Grunewald, in dem gebadet werden darf. Der Teufelssee erlangte einmal internationale Berühmtheit, als ein Wildschwein einem Badegast eine Tasche mit Laptop klaute und der Mann splitternackt das Wildschwein jagte. Jep, hiervon gibt’s sogar amüsante Bilder.
Nebendran liegt das Naturschutzzentrum Ökowerk im ehemaligen Wasserwerk, ein Bildungszentrum mit wechselnden, interessanten Ausstellungen und Workshop-Angeboten.
Das Naturschutzgebiet Sandgrube, ebenfalls ganz in der Nähe, entstand durch die Eiszeit sowie durch den Abbau des für Baustoffe benötigten Sandes. Heute ist es Kleinbiotop mit einer kleinen Wanderdüne, im Winter verwandelt sich der steile Hang in ein Schlittenparadies. Wer quer durch den Grunewald läuft, sollte den netten Ausblick nicht verpassen. Oben am Hang stehen Bänke für ein Picknick.
Friedhof Grunewald-Forst: der Selbstmörderfriedhof
Mitten im Grunewald liegt ein kleiner Friedhof, auch bekannt als Selbstmörderfriedhof. Die geheimnisvolle Ruhestätte hieß einst im Volksmund „Friedhof der Unbestattbaren“, weil hier die Unglücklichen verbuddelt wurden, die ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt hatten, im naheliegenden Havelknick angeschwemmt wurden und denen die Kirche eine richtige Bestattung verweigerte. Aus der inoffiziellen Begräbnisstätte wurde erst 1920 mit der Gründung Groß-Berlins ein offizieller Friedhof, als jeder Bezirk einen nicht-kirchlichen Friedhof bekam.
In der drittletzten Reihe liegt die Sängerin Nico, berühmtes Modell und Inspirationsquell für viele Stars der 60er Jahre und Mitwirkende an der berühmten Bananenplatte von Velvet Underground.
Friedhof der Unbestattbaren: Der „Selbstmörderfriedhof“ im Berliner Grunewald
Am Schildhorn: Den Anfang begrüßen
„Am Schildhorn beginnt die deutsche Geschichte unseres Landes, am Schildhorn wurde der Grund gelegt zur Mark Brandenburg, so ruft uns die Sage zu, und gern glaubt das patriotische und poetische Gefühl ihren Klängen“, schrieb Wilhelm Schwartz 1869.
Wer von der Havelchaussee bis zum Ende der kleinen Landzunge läuft, findet das mittlerweile gar nicht mehr so berühmte Schildhorndenkmal von Friedrich August Stüler vor, das den Beginn der Mark Brandenburg kennzeichnet. Nicht die Zeit, wohlgemerkt, sondern den Ort. Denn genau hier, so geht die Legende, hat der Slawenfürst Jaxa von Köpenick auf seiner Flucht durch die Havel vor Albrecht dem Bären den Gott der Christen zu seiner Rettung gerufen. Aus Dankbarkeit, nicht ertrunken zu sein, habe er sein Schild und Horn hier an einen Baum gehangen und sich zum Christentum bekannt. Damit, so heißt es, ward die Mark Brandenburg geboren.
„Die Mark“, das liest man heute noch ab und an. Sie war ein Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen im Mittelalter. Die Kurfürsten Brandenburgs besaßen große Macht im Herzogtum Preußen. Das Bundesland Brandenburg stimmt noch heute in großen Teilen mit der Mark Brandenburg überein – von den Ostgebieten logischerweise abgesehen. Das Denkmal wurde übrigens nach den Skizzen von Friedrich Wilhelms IV. von Preußen entworfen, die Sage ist also kein lustiger neuer Lokalkolorit, sondern war durchaus weit bekannt. Der Name Schildhorn für die Landzunge ist bereits 1590 urkundlich erwähnt.
Aber auch, wer absolut keine Lust auf eine Geschichtsstunde hat, sollte hier einmal herfahren. Die Aussicht ist grandios und zwischen den knorrigen Kiefern wähnt man sich fast in Dänemark. Nicht umsonst ist das Schildhorn bereits seit dem 19. Jahrhundert ein Lieblingsziel der Berlinerinnen und Berliner für einen Sonntagsausflug.
An der Landzunge lockt übrigens das urige Berliner Wirtshaus am Schildhorn – etwas abgeblättert aber mit original Berliner Bewirtung. Bei schönem Wetter am besten in den Pavillon auf dem Wasser setzen.
Restaurantschiff Alte Liebe: Wo noch die Dietrich singt
Jupp, zugegeben, ich bin ein ziemlicher Fan des „alten Berlins“, also da, wo weniger Hipster hinkommen, wo es nicht ganz so schnieke aussieht, manchmal etwas angemüffelt ist und man weiß, dass dieses Lokal schon vor 50 Jahren bestand. Genau so lange liegt nun schon das Restaurantschiff Alte Liebe an der Havel und bietet Gästen stabile Berliner Küche an.
Vielleicht hätte ich das Restaurant nicht in mehreren Reiseführern erwähnen sollen, in den letzten Jahren ist es jedenfalls ordentlich voll geworden. Tagsüber sollte man jedoch auch spontan einen Platz finden können. Das Ambiente und die Aussicht – dit is eenfach Berlin. ❤
Der Grunewaldturm: Einmal ganz nach oben
Es heißt, wer beim Vorbeisegeln alle vier Fenster des Grunewaldturmes sehe (die hinteren Fenster durch die vorderen), müsse erst mal einen trinken. Zuprosten kann man sich am Fuße des Turms zwar auch, für lukullische Genüsse ist das ansässige Lokal allerdings eher weniger zu empfehlen. Man sitzt jedoch sehr toll in beachigen Liegestühlen im Sand. Bei einer Grunewald-Tour gönne ich mir hier jedes Mal eine Berliner Weiße. Das eigentliche Highlight ist aber die Aussichtsplattform: Für wenige Euro gibt es den Eintritt zum 1899 eröffneten Aussichtsturm in märkischer Backsteingotik zu Ehren des Deutschen Kaisers Wilhelm I.
Die Plattform in 36 Meter Höhe erlaubt einen tollen Blick über Havel und Wannsee, bei guter Sicht ist der Teufelsberg mit der bekannten ehemaligen Abhörstation, der Funkturm und sogar der Fernsehturm des Alexanderplatzes zu sehen.
Strandbad Wannsee: „Die Ostsee des kleinen Mannes“
Das Strandbad Wannsee ist eines der größten Binnensee-Bäder in ganz Europa – beeindruckend. Erbaut wurde es 1930 im Stil der neuen Sachlichkeit. Ich gebe zu: Fahre ich auf einer Bootstour vorbei oder schaue mir das Strandbad vom anderen Ende an, erinnert es mich leider immer an Bauten der Nazis. Der Flughafen Tempelhof gehört zu dieser Epoche, genau wie das VW Werk in Wolfsburg, wo ich aufgewachsen bin.
Ich habe daher bisher dort noch nicht gebadet, die Bewertungen sind allerdings durchweg ziemlich positiv. Und übrigens: Der über 1200 Meter lange Strandsand stammt aus der Ostsee.
Wer keine Lust auf Eintritt zahlen hat, findet aber auch drum herum unzählige Badestellen, auch ein paar größere sind dabei, die Badestelle Kuhhorn zum Beispiel oder die Badestelle Große Steinlanke.
Schlachtensee & Krumme Lanke
Natürlich kann man sich auch im Schlachtensee oder der Krummen Lanke erfrischen, allerdings schwimmen hier Riesenwelse herum, die bis zu einem Meter lang sein können. Wer also etwas schreckhaft ist, sucht sich eventuell doch lieber einen anderen See aus, zumal beide zu den beliebtesten Gewässern Berlins gehören und im Sommer ohnehin heillos überlaufen sind.
Ich selbst nutze daher für die beiden Seen die Off-Season: Die Krumme Lanke ist besonders im Herbst super schön, weil der umliegende Mischwald eine großartige Farbpracht hergibt. Der Spazierweg drum herum ist mit 2,7 Kilometern übersichtlich und in einer Dreiviertelstunde machbar. Der Schlachtensee ist etwas größer und bietet sich besonders im Winter an. Ein Fahrrad würde ich hier nicht unbedingt hernehmen, die Wege sind teils doch etwas schmal und Fußgänger:innen und Fahrradfahrende kommen sich eher ins Gehege.
Überhaupt habe ich den Grunewald mitten im Winter bei dickem Schnee kennen gelernt. Bis zur Sandgrube ist es noch voll, viel weiter laufen die meisten dann jedoch nicht und man hat diese ganze herrliche Winterlandschaften für sich alleine.
Ein kleiner Abstecher ist auch noch Schwanenwerder wert, dass gerne mal als „Bonzenwerder“ bezeichnet wird. Eine kurze Runde über die kleine Insel in der Havel verdeutlicht, warum.
Ich hoffe, ich habe Euch nun genug Lust gemacht, den Grunewald mal zu erkunden und vielleicht die Sommerferien einfach mal in Berlin zu bleiben. Wir verreisen ja tatsächlich lieber in der Nebensaison, denn der Sommer in Berlin ist einfach zu schön.
Übrigens: Die sagenumwobene Pfaueninsel gehört nicht zum Berliner Grunewald, sondern zum Düppeler Forst, der einen eigenen Artikel wert ist.
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Seit 15 Jahren ist Inka Redakteurin, Reisebloggerin und Autorin in Berlin und Brandenburg. Sie hat mehrere Reiseführer über die Region geschrieben und veröffentlicht ihre Tipps und Geschichten im Spiegel, Tagesspiegel und verschiedenen Magazinen. Außerdem Möchtegernentdeckerin, Liebhaberin der polaren Gebiete unserer Erde und abschweifend in der Welt. Hier Chefin vom Dienst.