Berlin hat selbst mitten in der Stadt unglaublich viele Natur, Grün- und Waldflächen, zusätzlich erstaunlich viele Flüsse und Seen – und man sagt, sogar mehr Brücken als Venedig. Einfach mal durch Berlin spazieren ist daher beliebt und es gibt zig Möglichkeiten, von der kleinen Feierabendrunde bis zum mehrstündigen Ausflug, vom größten Wasserfall Berlins bis zur geheimnisvollen Pfaueninsel.
Heute teile ich mit Euch meine liebsten sieben Spaziergänge in Berlin, die eher „klassische“ Spaziergänge sind – gar nicht deshalb, weil sie überlaufen sind, das ist gar nicht unbedingt der Fall und variiert von Wochentag zu Wochentag, sondern weil es diese alten, traditionellen berliner Gebiete für einen Sonntagsspaziergang sind. Die genannten Parks und Spazierwege bestehen schon ewig und hätten sicher viele Geschichten zu erzählen. Nur der Park am Gleisdreieck ist die einzige Ausnahme, denn der ist ziemlich neu.
Inhalt des Artikels
1. Auf den Kreuzberg wandern
2. Das alte Berlin im Tiergarten kennen lernen
3. Im Park am Schloss Charlottenburg umherstreifen
4. Den Flakturm im Humboldt-Hain besteigen
5. Im Park am Gleisdreieck flanieren
6. Durch den Grunewald spazieren
7. Auf der Pfaueninsel Schlösser und Märchen entdecken
Karte der Locations zum drauflos Spazieren in Berlin. Es sind noch ein paar Orte in Brandenburg dabei, die ich demnächst beschreiben werde. Um eine Übersicht zu bekommen, bitte oben links das Menüsymbol anklicken.
Wer im März/April unterwegs ist, sollte nicht die Berliner Kirschblüte verpassen, denn die kann sich sehen lassen. Meine favorisierten Spaziergänge dafür habe ich hier niedergeschrieben: |
1. Auf den Kreuzberg wandern
Es soll ja Leute geben, die nicht wissen, dass es tatsächlich den Kreuzberg gibt, und nicht nur das Kreuzberg als Bezirk, welcher so nun auch nicht mehr existiert (sondern jetzt zu Friedrichshain-Kreuzberg fusioniert ist).
Am Kreuzberg habe ich meine erste Wohnung in Berlin bewohnt, eine 2er WG in einer ollen 2-Zimmer-Bruchbude im Hinterhof, in der die Hauswartsfrau so unangenehm war und ihre Bude unten im ersten Stock so gruselig gestunken hat, dass wir ihren Mann dort seit einigen Jahren im Sessel verrottend vermutet haben… nunja, was man sich halt so als Frisch-Berliner denkt, wenn man gerade in die wilde Großstadt gezogen ist. War ’ne tolle Zeit. ;)
Jedenfalls fühle ich mich im Viktoriapark, wie der Park auf dem Kreuzberg korrekt heißt, noch heute heimisch. Auf den Wiesen habe ich im Sommer tagsüber zwischen nackten SonnenanbeterInnen fürs Studium gelernt und bin abends im Golgatha tanzen gegangen. Am Sonntag Morgen war die Eckkneipe mit dem Billig-Frühstück der beste Freund und kaum etwas war toller, als den Sonnenuntergang vom „Monument“ zu bewundern, eigentlich „Nationaldenkmal für die Befreiungskriege„, ein von Schinkel entworfenes Denkmal.
Vom Monument hat man nicht nur einen tollen Blick über die Stadt, sondern auch über den 1888 angelegten Wasserfall, den höchsten Berlins, soweit ich weiß.
Wer hier steht, hat übrigens 1001 Geheimnisse unter sich liegen, denn in der Erde befinden sich riesige Hohlräume mit zig Skulpturen und Reliefs. Die Geschichte darüber hat der Berliner Tagesspiegel schön beschrieben.
Hinkommen:
- Mit der S-Bahn zur Yorckstraße oder mit der U6 zum Platz der Luftbrücke. Oder mit dem M19 bis zur Großbeerenstraße. Beim Rauflaufen schonmal überlegen, wo man hinterher einen leckeren Kuchen verspeist.
2. Das alte Berlin im Tiergarten kennen lernen
Wer nicht im Tiergarten spazieren war, hat nicht in Berlin gelebt, heißt es. Und dabei ist der Park so groß und die Geschichten so viele, dass man ständig Neues entdecken kann.
Eine Möglichkeit ist, einfach kreuz und quer durchzulaufen. Dabei sollte man auf keinen Fall die Luiseninsel und das Teehaus im Englischen Garten verpassen. Der Tiergarten ist von seinem Baumbestand extrem vielfältig, und so leuchten die Bäume im Herbst in allen Farben.
Eine weitere, sehr witzige Möglichkeit ist es, sich eine Rikscha zu mieten und sich während der Fahrt allerlei Geschichten erzählen und die Habichte und ausgesetzten Schildkröten zeigen zu lassen, über die Vielfalt der Natur zu erfahren und wohin eigentlich die Skulpturen verschwunden sind, die hier überall gestanden haben. Mit Helmut Millan, Initiator der Rikscha-Touren und seit Jahrzehnten unterwegs, hatten wir den besten Geschichtenerzähler überhaupt.
Beste Zeit hierfür ist der Mai, wenn die Rhododendren blühen und den Tiergarten in ein Farbenmeer hüllen.
Zum Abschluss der Tour könnt Ihr im Café am Neuen See einkehren oder auf die Siegessäule steigen, von oben hat man einen grandiosen Blick.
Auch das Regierungsviertel nebenan kann sich sehen lassen, die Bepflanzung leuchtet im Herbst grandios.
Das kann man übrigens auch wunderbar mit einer Spreefahrt kombinieren. Die meisten Reedereien fahren von April bis Ende Oktober und man staunt, dass sich hier eher alte Berliner:innen herumtummeln statt der Tourist:innen. Einheimische wissen eben, was gut ist.
Etwas ganz Besonderes ist übrigens eine Spreefahrt zum Festival of Lights im Oktober. Diese sind schnell ausgebucht, es lohnt sich, fix zu buchen. Ich kenne nur die Möglichkeit über Get Your Guide, sicherlich gibt es verschiedene Anbieter.
Spreefahrt zum Festival of Lights buchen*
Hinkommen:
- Für den Spaziergang zum Beispiel vom Zoo mit dem 100er oder 200er Bus bis zur Haltestelle „Nordische Botschaften“ fahren und entweder Richtung Regierungsviertel oder Richtung „Café am Neuen See“ laufen.
- Rikschafahrten über Berlin-Rikscha-Tours
- Die Spreefahrt-Haltestellen gibt es ja überall. Sehr bequem geht es direkt gegenüber vom Hauptbahnhof. Infos zum Beispiel bei den Berliner Spreefahrten.
Mehr Tipps gefällig? Ob Eskapaden, Lieblingsplätze oder schönste Radtouren: Meine Favoriten für Berlin-Brandenburg habe ich in mehreren Reiseführern extra für Berlinerinnen und Berliner festgehalten. Hier gibt’s neben Klassikern vor allem Spannendes abseits der üblichen Pfade. → Mit meinen grünen Reiseführern durch Berlin und Brandenburg |
3. Im Park am Schloss Charlottenburg umherstreifen
Was viele nicht wissen: Das Schloss Charlottenburg beherbergt einen riesigen, frei zugänglichen Wald- und Wiesenpark, in der im Herbst mit seinen vielen Farben lockt. Hinter dem Schloss liegt der angelegte (Barock-)Garten, der im Herbst schlicht winterfest gemacht wird. Das Barock in Klammern, da der Garten keiner historischen Vorlage entspricht, sondern nach dem Krieg ein bisschen „freihändig“ und eher an der Praxis und kostengünstig wieder hergestellt wurde.
Hinter dem Garten geht es eine Runde um den Karpfenteich, über Wiesen am Belvedere und Teehaus vorbei bis zur Spree. Von dort kann man bequem einfach weiter am Wasser entlang bis zum U-Bahnhof Jungfernheide laufen.
Hinkommen:
- In 12 Minuten vom Zoologischen Garten mit dem Bus M45 bis zur Haltestelle Luisenplatz/Schloss Charlottenburg.
4. Den Flakturm im Humboldthain besteigen
Am anderen Ende Berlins lockt der Humboldthain nicht nur mit einem hübschen Waldgebiet und einem Rosengarten, sondern vor allem auch mit einem grandiosen Blick vom ehemaligen Flakturm.
Direkt Gegenüber vom Gesundbrunnen-Center führt ein Weg nah entlang der Bahngleise auf den Berg hinauf. Oben befindet sich der nördliche Flakturm aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Nähe zur Bahntrasse verhinderte die Sprengung, alle anderen Flaktürme wurden von den Alliierten nach dem Krieg gesprengt.
Der Bunker ist übrigens heute wieder teilweise begehbar und über die Berliner Unterwelten zu besichtigen, deren Büro 200 Meter neben dem Gesundbrunnencenter zu finden ist.
Hinkommen:
- In 8 Minuten mit der U8 vom Alexanderplatz zum S+U-Bahnhof Gesundbrunnen.
5. Durch den Park am Gleisdreieck flanieren
Der Park am Gleisdreieck ist meiner Ansicht nach toll gelungen und ein schöner After-Work-Spaziergang. An den Yorckbrücken wird gestartet und erst einmal der Norden erkundet. Alte Gleisbettbepflanzung kann hier bewundert werden, aber auch manche alten Gleise selbst wurden erhalten, die nun nach und nach der Natur übergeben werden. Bäume und Pflanzen überwuchern alte Lokschuppen, die mittlerweile kaum mehr zu sehen sind. Manche Gleise führen als Weg durch kleine Waldflächen.
Auf den großen Wiesen wird Frisbee gespielt, überdimensionierte Schaukeln laden auf eine Runde ein.
Nicht verpassen: Die coolen Skateboarder ganz am Nordende des Parks, die Tafeln, die die interessante Geschichte der Bürgerinitiative erzählt, die diesen Park letztendlich initiierte und den Community-Garden, der ursprünglich angelegt wurde, um Geflüchteten entspannende Gartenarbeit sowie Kontaktmöglichkeit zu geben, und der nun ein erfolgreiches Nachbarschaftsprojekt ist.
Nach der Runde geht es über die Yorckbrücken in den südlichen Teil bis zur Monumentenbrücke. Hier stockt einem der Atem, nicht nur, weil die Aussicht bis zum Potsdamer Platz toll ist, sondern weil einem das vor nicht allzu langer Zeit erbaute Lokdepot erst einmal die Sprache verschlägt.
Ob dieses Gebilde nun schön oder hässlich ist, kann man diskutieren. Unten drin gab’s mal ein extrem tolles Restaurant, das inzwischen anscheinend geschlossen hat.
Hinkommen:
- Mit der S1, S2 oder U7 zum S+U-Bahnhof Yorckstraße.
6. All-time-favorite: Durch den Grunewald spazieren
Ja, der Grunewald ist mein All-Time-Favorite, wenn es um einen längeren Spaziergang in Berlin geht. Das größte zusammenhängende Waldgebiet Berlins zeichnet sich durch viel Mischwald mit Kiefern aus. Meine Vorliebe erklärt sich sicher auch dadurch, dass meine kleine Bude, die ich bis vor kurzem bewohnt habe, eine direkte Busverbindung dorthin hat. Aber auch generell kommt man mit der BVG sehr gut zum Einfallstor S-Bahnhof Grunewald. Von hier hat man mehrere Möglichkeiten, die Ihr im Artikel über den Grunewald nachlesen könnt:
Der Grunewald lockt mit Drachenberg und Teufelsberg, Teufelssee, Sandgrube, Selbstmörderfriedhof, Havelhöhenweg und ist sowieso der schönste Wald Berlins, finde ich. |
Hinkommen:
- Für die Spazierrunde quer durch am besten mit der S7 Richtung Potsdam bis S Grunewald.
- Wer zum Drachenberg oder Teufelsberg laufen möchte und lieber den kürzesten Weg sucht, startet vom S-Bahnhof Heerstraße.
- Wer den Havelhöhenweg laufen möchte und vorher nicht quer durch den Grunewald will, kann vom U-Bahnhof Theodor-Heuss-Platz den M49 bis zur Haltestelle Stößenseebrücke fahren.
- Für eine Umrundung der Krummen Lanke bietet sich der U-Bahnhof Krumme Lanke an, von dem man noch 10 Minuten die Fischerhüttenstraße hinunter läuft. Oder Du startest vom S-Bahnhof Schlachtensee nach Norden.
7. Auf der Pfaueninsel Schlösser und Märchen entdecken
Gerade noch so im Berliner Stadtgebiet liegt die berüchtigte Pfaueninsel. Berüchtigt vor allem deshalb, weil viele von ihr gehört haben, die wenigsten aber die Mühe der „Anreise“ auf sich nehmen. Ich kann nur raten: Fahrt hin, die Pfaueninsel ist wirklich einen Besuch wert.
Die Pfaueninsel hat eine lange Geschichte, die man sich einmal in Ruhe durchlesen sollte. Neben heimlichem romantischen Treffpunkt diente sie nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch der architektonischen Inszenierung von Wilhelm II., weshalb sich viele kleine spannende Gebäudeentdeckungen quer über die Insel verteilt machen lassen.
Hier entstand übrigens auch der erste Zoo auf Berliner Stadtgebiet, inklusive Giraffen, Rentieren, Kängurus und Pfauen. Im Jahr 1842 wurden die meisten Tiere an den gerade gegründeten Berliner Zoo-Verein gestiftet, aus denen dann der erste Bestand des Zoologischen Gartens im Tiergarten wurde. Nur die Pfauen blieben auf der Insel und laufen noch heute umher, sogar im Winter. Schon vor der Fähre hört man die seltsamen Rufe dieser Tiere.
Die ganze Insel ist heute übrigens Naturschutzgebiet. Hunde wie Fahrräder sind verboten, Feuer darf auch keines gemacht werden.
Achtung an die Fotografen: Fotos dürfen hier nicht kommerziell verwendet werden, denn die gesamte Insel ist im Besitz der Preußischen Schlösser und Gärten. Dies gilt natürlich insbesondere für die Gebäude.
Öffnungszeiten & Preise:
- 4 Euro pro Person, für Familien 8 Euro. Der Preis ist inklusive Fährüberfahrt.
- Im Oktober von 9-18 Uhr geöffnet, im November von 10-16 Uhr.
Hinkommen:
- Wer nicht noch weit hinlaufen will, kommt um dem Bus 218 kaum herum, am besten vom U-Bahnhof Wannsee. Achtung: Im Oktober verkehrt der Bus nur noch stündlich, im November sogar nur noch alle zwei Stunden, also auf jeden Fall die Seite der BVG checken. Alternativ nimmt man das Fahrrad mit und radelt die knapp 5 km lange Strecke vom S-Bahnhof Wannsee.
Von der Haltestelle Pfaueninsel setzt dann eine kleine Personenfähre zur Insel hinüber.
Und nun wünsche ich Euch allerschönste Spazierfreuden!
Weiterspazieren: |
Seit 15 Jahren ist Inka Redakteurin, Reisebloggerin und Autorin in Berlin und Brandenburg. Sie hat mehrere Reiseführer über die Region geschrieben und veröffentlicht ihre Tipps und Geschichten im Spiegel, Tagesspiegel und verschiedenen Magazinen. Außerdem Möchtegernentdeckerin, Liebhaberin der polaren Gebiete unserer Erde und abschweifend in der Welt. Hier Chefin vom Dienst.
Dieser Artikel wurde im Juli 2023 aktualisiert.