Schon längst wollte ich im Blog wieder persönlicher werden, jenseits der typischen „Tipps what to do in…“, deshalb nutze ich heute Luzia Pimpinellas 5 Fragen am Fünften, um ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Mir fehlt längst das einfache Herunterschreiben von persönlichen Gedanken. Warum mir das heute schwerer fällt als früher, liegt sicher an dreierlei:

  • Erstens hat sich die gesamte Bloggerszene und das Internet dermaßen „professionalisiert“, dass ich mir ein bisschen doof vorkomme, so banales Zeug von mir zu erzählen.
  • Zweitens frage ich mich Gleiches natürlich unweigerlich bei meiner gewachsenen Leserschar. So lange ich nur in der kleinen Bloggerblase unterwegs war, war das etwas anderes. Aber jetzt, da ich merke, dass mich so „ganz normale Leute von da draußen“ lesen, ist das irgendwie schon seltsam, Persönliches preis zu geben. Ich denke immer, das ist vielleicht wie in dem Moment, wenn man von einer Statistenrolle abrückt und das erste Mal einen Satz sagen darf – und dann überlegt man halt zigmal länger, was man generell noch so von sich gibt. Vermutlich total albern.
    Neulich in Island frühstückten wir eines Morgens mit einem anderen Pärchen, die Sprache kam auf blickgewinkelt und ja, die beiden hatten auch mit Hilfe meiner Artikel die Reise geplant. Das ist ein gruselig-schönes Gefühl zugleich und ich finde das immer noch völlig schräg, obwohl so etwas mittlerweile häufiger mal passiert. Und es macht mich ein bisschen stolz, aber eben auch sehr vorsichtig, ich möchte Erwartungen gerecht werden und nicht zu banal schreiben.
    Aber was soll’s, andererseits, denn wenn ich Blödsinn rede, ist das eben auch nicht so wichtig und man guckt einfach drüber hinweg, oder? „Alltagsbloggen“ habe ich mal diese lustvolle Bloggerei ohne Superagenda genannt und mir vorgenommen, das trotz der vermeintlichen Banalität wieder häufiger zu tun.
  • Womit wir bei drittens wären, nämlich der lieben Zeit. Bei meinen Artikeln bin ich mittlerweile so pingelig geworden, dass ich etwa zwei Wochen für einen benötige, macht zwei pro Monat. Da schaffe ich nicht einmal, alle meine Reisen zu verbloggen, und die sind mir immer noch wichtiger, Euch zu erzählen, als mein schnöder und chaotischer Alltag.

So, gaaanz lange Rede vorweg, auf geht’s mit den fünf Fragen:

1. Wenn Du emigrieren müsstest, in welches Land würdest Du auswandern und warum?

Das ist echt eine superschwere Frage, denn auch wenn ich wahnsinnig gerne reise, möchte ich weiter in Deutschland Zuhause sein, oder genauer: in Berlin-Brandenburg. Vielleicht würde ich noch nach Mecklenburg-Vorpommern ziehen, aber eigentlich weiß ich ziemlich sicher, dass ich hier sterben werde, denn hier ist meine ganz doll gefühlte Heimat.

Hausboot fahren in Brandenburg

Kaum eine Reise kann für mich schöner sein als mit dem Hausboot durch Brandenburg.

Ich mag Seen, das platte Land und die abwechslungsreiche Großstadt und und könnte mir nicht vorstellen, zwischen Bergen zu wohnen, auch wenn ich sie hübsch zum Anschauen finde. Seen übrigens lieber als Meer, weil ich Wind einfach nicht sehr mag, also starken Wind. Ich mag das Maß, die frische Brise.

Und vielleicht klingt das komisch, aber eines der Themen, die mich am meisten beschäftigen, ist Rassismus. Bei deutschem Rassismus weiß ich ungefähr, wie er funktioniert und kann etwas dazu und vor allem dagegen sagen, was mir wichtig ist. In einem anderen Land wäre es schwieriger, sich als „Außenstehende“ an Alltagsdiskussionen zu beteiligen, ich denke, das würde mir arg fehlen.

So, jetzt habe ich mich um die Antwort gedrückt. Wenn ich eine geben MUSS: Es wäre wohl – Überraschung – Italien. Nein, es wäre nicht Schweden oder Norwegen und schon gar nicht Island. In Island würden mir die ausgeprägten Jahreszeiten fehlen und noch viel mehr das Grün und die Bäume, und der Wind würde mich nerven. Schweden ist mir zu unwild, ich habe dort jedenfalls zu viele exakte Rasenkanten gesehen, Norwegen vermutlich zu teuer. Aus irgendeinem Grund liebe ich die italienische Sprache sehr, obwohl ich sie nicht kann, aber vermutlich könnte ich sie lernen (im Gegensatz zu Griechisch). Ich mag den Charme norditalienischer Dörfer und finde die Vielfalt der Landschaft herrlich. Und auch wenn das Temperamente von ItalienerInnen ein ganz anderes ist und die Lega Nord leider grade große Schritte macht: Ich mag Italien. Glücklicherweise bin ich bald wieder da, im Juni geht’s auf einen kleinen Roadtrip durch Venetien nach Feltre, Bassano, Padua und Venedig, aaawww! Weniger Road als Schiene übrigens, nur den Flug konnte ich leider nicht umgehen, die Strecke dauert mit dem Zug leider länger, als ich Urlaubstage entbehren kann.

Venedig Kanäle und Wasserreflektionen

Na klar besteht Italien nicht nur aus Venedig. Aber tatsächlich finde ich Venedig so hübsch, dass ich noch ein drittes Mal hinfahre (und außerdem sind meine Fotos aus Ligurien zu schlecht).

2. Nach welchen Kriterien suchst Du einen Film aus und fällt es Dir schwer, ihn nicht zu Ende zu gucken, wenn Du ihn dann doch nicht so gut findest?

Bei mir gibt es erst einmal nur eine Entscheidung beim Aussuchen eines Films: Entweder leicht verdaubar, um den müden Kopp nicht überzustrapazieren, dann wird es eine dusselige Schmonzette, ein Witzfilm oder ein billiger Actionfilm. Oder ich bin wach und will was Spannendes oder Interessantes sehen, dann wird es vermutlich ein Politthriller, eine Doku oder ein Drama.

Und nein, ich habe gar kein Problem, einen Film auszuschalten und bin selber ziemlich erstaunt, dass ich mittlerweile bestimmt 70% der Filme nicht zu Ende schaue. Entweder liegt das am grottigen Netflix-Angebot oder ich bin einfach zu pingelig geworden, zu ungeduldig bei diesem großen Angebot oder zu geizig mit meinem vor sich hinschrumpfenden Zeitkontingent, das mir auf dieser schönen Erde noch bleibt. (Drama, Baby!)

Mein Favorit in den letzten Monaten war übrigens Three Billboards outside Ebbing, Missouri mit der großartigen Frances McDormand.

Kleines Haus mit amerikanischer Flagge

Nein, das Foto ist natürlich nicht aus dem Film, sondern stammt aus North Carolina, wo ich im letzten Jahr meine Familie nach langer Zeit einmal wieder besucht habe. Die Stimmung passt ein bisschen zum Film, finde ich.

Und da fällt mir bei North Carolina glatt ein: Kennt Ihr schon die Spoon Woman, die Löffelfrau? Ich habe sie auf Facebook gefunden. Sie wohnt in Asheville, was sowas wie Nashville für N.C. ist, was die Musikszene angeht.

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Oh Gott, ist das nicht großartig? Zu gerne würde ich bei meinem nächsten Besuch mal nach Asheville fahren, blöd ist nur: Ich habe keinen Führerschein. Und ohne Führerschein ist man in den USA leider ziemlich am Po. Für die eigentlich kurze Strecke müsste ich mich 18 Stunden in den Greyhound setzen – one way. Da ist mir die Zeit mit meiner Familie dann doch zu kostbar.

Was übrigens auch wieder ein Grund ist, mir zu überlegen, ob ich nicht doch mal den Führerschein machen sollte.

3. Wann hast du das letzte Mal zusammen mit anderen gesungen?

Das ist mir sehr unangenehm, aber ich habe ewig überlegt und musste ernsthaft ins Jahr 2014 zurückgehen (das kann nicht wahr sein, oder?). Ich singe nämlich sehr gerne, aber  wahnsinnig ungerne vor anderen Leuten.

Als ich in Johannesburg, Südafrika, war und wir eine Fahrrad-Tour durch Soweto gemacht haben, musste ich immer an ein Lied denken, dass ich von Joan Baez kannte und schon als Kind total mochte. Ein Teil war offensichtlich in einer Afrikanischen Sprache und handelte von Nelson Mandela und Steve Biko, die Namen konnte ich grad noch verstehen. Also fragte ich unseren Guide, ob er es kennen würde. Da ich den Titel nicht kannte, fing ich an zu singen, der Sprache tonal folgend, was vermutlich völlig bescheuert war. Aber unser Guide lachte mich nicht aus, sondern sang einfach mit, also sind wir beide singenderweise durch Soweto geradelt. Ich bekomme heute noch Gänsehaut bei der Erinnerung daran.

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Asimbonanga, ist, das weiß ich jetzt, ein sehr bekannter Anti-Apartheits-Song und in Zulu und Englisch.

Straße in Soweto

Ich erspare Euch jetzt ein Klischeebild mit Wellblechhütten oder glücklich grinsenden afrikanischen Kindern. Aus Soweto, South Western Township von Johannesburg, ist längst ein Stadtteil geworden, der nicht nur aus Wellblechhütten besteht. Aber auch die gibt es hier natürlich leider immer noch.

Es gibt übrigens für mich keine schöner klingenden Chöre als in Ost- und Südafrika. Wenn Ihr wissen wollt, was Ihr da tatsächlich mitten auf der Straße erleben könnt, guckt Ihr hier:

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4. Was ist Dir in Bezug aufs andere Geschlecht ein komplettes Rätsel?

Sich nicht permanent Gedanken zu machen. Manchmal habe ich das Gefühl – natürlich ohne es genau zu wissen – dass Frauen sich irgendwie STÄNDIG eine Birne machen, und Männer einfach mal Dinge so sein lassen können, wie sie sind. Das Rätsel ist, warum das anscheinend tatsächlich geschlechterabhängig ist.

Ebenfalls rätselhaft: Dieses ewige Mansplaining. So, so furchtbar. Ich hatte gehofft, das wird mit dem Alter (sowohl meinem wie auch des Gegenübers) besser, aber das scheint sogar eher schlimmer zu werden – oder ich kann es einfach noch weniger ignorieren als früher. Und wir reden hier von krassem Mansplaining: Männer, von denen ich völlig ungefragt Facebooknachrichten bekomme, die mir irgendwas erklären wollen, wonach ich nicht gefragt habe. (Dafuck?)
Männer, die in Diskussionen auf einmal Nebenthemen aufmachen, um irgendwelche Dinge zu erklären, um die es a) weder geht und zu denen ich b) schon gar keine Erklärungen benötige, weil ich den Scheiß schon weiß. Und die sich dann hinterher auf die Schulter klopfen, was sie mir Tolles beigebracht haben. (Äh…?!?)
Frauen machen das so gut wie nie, viele Männer dagegen sehr häufig. Why, why?

Quelle: https://imgur.com/gallery/mpKLoTE

5. Was liegt auf Deinem Nachtisch herum?

Was für eine supergemeine Frage! Ich lasse jetzt einfach mal fix die Hälfte weg und erwähne nicht die ganzen Schmuddeligkeiten, die sich da tummeln. Von dem leeren Whisky darf ich vielleicht gerade noch erzählen – ja, mein Bett ist mein Heiligtum, wo ich z.B. auch jetzt diesen Artikel schreibe, und dazu trinke ich auch mal gerne einen Gin Tonic oder Whisky.

Dann liegt da feste Bio-Handcreme (ein Geschenk aus Glashütte), Kleingeld, weil ich die Krise kriege, wenn mein Portemonnaie so ausbeult, ein Haufen Zeitschriften, Broschüren und Zettel von meinen Reisen, also Rechercheunterlagen für die Artikel, die ich noch schreiben möchte. Mein Kokosnussöl für den Abend, eine Tasse, ein paar Bonbons als Notzucker, wenn mein Körper abends um 22 Uhr zu sehr mosert, dass er keinen Zucker bekommen hat, USB-Sticks, Ohrenstöpsel, ohne die ich häufig nicht schlafen kann, Lesebücher, Festplatte… zugegeben: Mein Nachttisch ist IMMER zu klein, so dass er sich auf den Boden ausbreitet. Hüstl. Das ist unschön, ich weiß, und deshalb umso fieser, dass diese Fragen jetzt so enden – mit einem großen Schmuddelchaos.

Also fix noch ein hübsches Foto von der letzten Reise rausgekramt für den guten Eindruck:

Westfjorde Island

Neulich in Island. Natürlich werde ich Euch von dieser schönen Reise noch berichten, dieses Mal ging es nämlich in den unbekannteren Norden – ziemlich atemberaubend.

So, jetzt wisst Ihr auch, weshalb ich nicht mal eben so rumlabere: Ich schreibe gleich wieder Romane. Schlimm. Das Kurzfassen liegt mir einfach nicht.

Macht’s fein
/inka